© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

Kolumne
Die Konservativen - eine Randgruppe?
Norbert Geis

Der Zeitgeist weht von links. Seit der 68er Kulturrevolution sind konservative Ansichten auf dem Rückzug. Schon immer wurden CDU und CSU in gesellschaftspolitischen Fragen von der SPD, den Grünen, aber auch von der FDP attackiert. Dennoch konnten sie Mehrheiten gewinnen. Wird das auch in Zukunft der Fall sein, oder wird sich in unserem neuen Fünf-Parteien-System eine strukturelle Mehrheit gegen die Konservativen etablieren und diese an den Rand drängen?

Die Frage ist, ob die christlich-konservative Grundströmung in unserer Gesellschaft, aus welcher die Unionsparteien ihre Mehrheiten geschöpft haben, im roten Sumpf zu versickern droht. Haben die Fahnenträger von 1968 es wirklich geschafft, daß konservative Werte wie Familie, Nation, Vaterland, ja unser christlicher Glaube, der unser Bewußtsein über Jahrhunderte geprägt hat, verdampft sind? Ist es schon absehbar, daß der Islam mehr und mehr zur bestimmenden Kraft unserer Kultur wird? Richtig ist, daß die Kirchen an Einfluß verloren haben und daß christliche Positionen in der veröffentlichten Meinung rar geworden sind. Politiker, die offen ihren Glauben bekennen, werden als Spießbürger abgestempelt. Die Politik leistet keinen nennenswerten Beitrag zur Verteidigung der Wertvorstellungen, auf denen unser Staat gegründet ist.

Es gibt aber dennoch Anzeichen, daß christlich-konservative Werte in unserer Gesellschaft neu erstarken. So zeigt die Shell-Studie von 2006, daß 70 Prozent der Jugendlichen ihr Ideal in Ehe und Familie sehen. Warum greift die Politik dies nicht auf? Auch registrieren wir das Erwachen einer neuen Religiosität. Die Suche nach seiner transzendentalen Bestimmung ist trotz des ungeheuren Materialismus in unserer Gesellschaft nicht verlorengegangen.

Warum nehmen die Konservativen diese Signale nicht wahr? Weil sie sich zu sehr im politischen Tagesgeschäft verlieren. Wenn überhaupt, dann kann es auf dem politischen Feld aber nur den C-Parteien gelingen, die staatliche Ordnung der nächsten Generation auf ein christliches Wertefundament zu stellen, damit unsere abendländische Kultur auch in Zukunft Bestand hat. Die Christlich-Konservativen sind gefragt. Sie trauen sich aber nicht. Sie verbeugen sich zu sehr vor dem Zeitgeist. Auf sie aber kommt es an. Es liegt zuallererst in der Verantwortung der C-Parteien, ob die Voraussetzungen, ohne die unser Staat nicht existieren kann, erhalten bleiben. Deshalb muß die Union um Mehrheiten kämpfen. Sie darf sich nicht an den Rand drängen lassen.

 

Norbert Geis (CSU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und lebt als Rechtsanwalt in Aschaffenburg.

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