© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

Erinnerungspolitische Krisenzonen
Das neue Ständige Sekretariat der Holocaust Task Force in Berlin soll die Schoa "mitten in die Gesellschaft" bringen
Thorsten Thaler

Die Erinnerungskultur, die wir in Zukunft entwickeln müssen, ist nicht nur eine gemeinsame, transnationale. Sondern sie hat in Hinblick auf die moralischen Prinzipien, die sich aus ihr ergeben, auch einen universellen Anspruch." - "Der aktive, selbstkritische und moralisch verpflichtende Bezug auf unsere Geschichte ist ein unabschließbarer Prozeß, den wir auch künftig fördern und unterstützen wollen." - "Wir müssen uns der Aufgabe stellen, daß Erinnerung künftig nicht ferner rückt, abstrakter wird oder hinter dem Schleier der Geschichte verschwindet." Diese Sätze stammen aus der Rede von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier anläßlich der Eröffnung eines Ständigen Sekretariats der Internationalen Holocaust Task Force (ITF) vergangene Woche in Berlin. Es sind die Kernsätze eines an Kernsätzen reichen Vortrags, mit dem Steinmeier Deutschland, Europa und der Welt erklärte, daß die Erinnerung an die Judenvernichtung immer wieder neu und zeitgemäß konzipiert und "mitten in der Gesellschaft" gestaltet werden müsse.

Die Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research wurde 1998 auf Initiative des damaligen schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson gegründet und hat derzeit 25 Mitglieder. Ziel der schnellen Eingreiftruppe ist es, die Bildung, Erinnerung und Forschung über den Holocaust zu fördern und das Gedenken an die Schoa "auch in erinnerungspolitischen Krisenzonen Europas und weltweit zu verankern" (FAZ). Erinnerungspolitische Krisenzonen!? Ob damit bestimmte Landstriche in Mitteldeutschland gemeint sind oder Papua-Neuguinea, ist nicht bekannt. Sicher scheint nur (was Steinmeier natürlich bestreitet), daß am deutschen (Gedenk-)Wesen die Welt genesen soll.

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