© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/08 28. März 2008

Frisch gepresst

Kurt Huber. In ihrer Freude über den Reichtum des im Münchner Stadtarchiv verwahrten Nachlasses des Philosophen, Musikwissenschaftlers und Volkskundlers Kurt Huber (1891-1943) hat Rosemarie Schumann sich vielleicht zu sehr von diesen "Primärquellen" leiten lassen. So werden die doch auch recht ansehnlichen "Sekundärquellen", die zeit- und wissenschaftshistorischen Untersuchungen, etwas vernachlässigt. Mit der Konsequenz, daß Schumann alles, was sie in den Akten findet, auch in extenso referiert - bis hinab zur Umzugskostenerstattung für Ministerialbeamten - und sie ihren "Helden" zu wenig distanziert betrachtet. So ist erst in aller Deutlichkeit aus den angehängten Prozeßakten des Volksgerichtshofs zu entnehmen, daß der Mentor der Weißen Rose seinen Widerstand deutschnational oder gar "edelnazistisch" motivierte. Huber, der auch keinen "Rückfall in die überlebte Gedankenwelt der westlichen Demokratien" wollte, handelte, um sich dem "Linkskurs" der NSDAP und der inneren "Bolschewisierung" zu widersetzen. Schumann stellt zwar Hubers Lebensweg unter das Motto "Konservatismus aus Passion", deutet aber nur an, wie sich aus diesem Konservatismus dann der Widerstand gegen den Nationalsozialismus entwickelte. Die "Flugblatt­aktion" der Geschwister Scholl im Februar 1943 sowie den mit Todesurteilen endenden Prozeß handelt Schumann fast im Telegrammstil ab. Bedauerlicherweise fehlt ein Verzeichnis der benutzten Archivmaterialien - was in einer Arbeit aus der Schriftenreihe des Bundesarchivs unangenehm überrascht (Leidenschaft und Leidensweg. Kurt Huber im Widerspruch zum Nationalsozialismus. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, gebunden, 632 Seiten, Abbildungen, 54 Euro).  

 

Königsberger Schloß. Es mag abgedroschen klingen, ist aber trotzdem richtig: Der Architekturhistoriker Wulf Dietrich Wagner hat das Königsberger Schloß wiederaufgebaut - in Gestalt eines magistralen, opulent illustrierten Werkes im Atlasformat, zugleich einer Kulturgeschichte Ostpreußens gespiegelt in einem der symbolträchtigen Bauwerke der Provinz. Wagner geht es nicht nur um architektonische Feinheiten, sondern um nicht weniger als preußisch-deutsche Geschichte von der Ordenszeit bis zum August 1944, als das Schloß und der historische Kern Königsbergs im britischen Bombenhagel unterging. Der auf seine Karlsruher Dissertation fußende erste Band rekonstruiert die Bau- und Umbaugeschichte bis zum Ende der Regierungszeit des "Soldatenkönigs". Der zweite Prachtband ist für den Herbst angekündigt (Das Königsberger Schloß. Eine Bau- und Kulturgeschichte. Von der Gründung bis zur Regierung Friedrich Wilhelms I.: 1255-1740. Verlag Schnell+Steiner, Regensburg 2008, gebunden, 390 Seiten, Abbildungen, 76 Euro).

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