© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Frisch gepresst

Karl Marx. Wendet sich "Der Wiedergänger" an Freunde Nosferatus? Womöglich deshalb, weil damit mehr Käufer zu ködern wären als beim Häuflein, das noch treu zu Karl Marx steht? Wer weiß, was den "radikaldemokratischen" Berliner Historiker Wolfgang Wippermann zu dieser kleinen Titelspielerei trieb. Immerhin könnte es aber - vornehmlich östlich der Elbe - Menschen geben, die sich auch dann gruseln, wenn sie auf dem Schutzumschlag von Wippermanns "Wiedergänger" nicht Max Schreck, sondern das Löwenhaupt seines Helden erblicken, dessen 125. Todestag sich unlängst (JF 12/08) jährte. Wippermann bietet eine konzise, für Studenten geeignete, mit einem bibliographischen Essay komplettierte Einführung in die marxistische Ideenarchitektur und ihre Wirkungsgeschichte, entfaltet groblinig den "realen Sozialismus", beginnend mit dem "Schädelspalter" (Eigenlob) Lenin, endend mit der Implosion des "Ostblocks". Von peinlich apologetischen Zügen ist diese Rekonstruktion nicht frei. Aber was soll man von einem wütenden Kritiker des "Schwarzbuch des Kommunismus" und Polemiker gegen die "Rot-gleich-Braun-Formel" anderes erwarten. Wippermann möchte seinen Traum vom Sozialismus mit schreckfreiem Antlitz eben weiterträumen und weist hoffnungsfroh auf die von der Globalisierung ausgespuckten "Verdammten dieser Erde", die angeblich Marxens Wiederkehr ersehnen (Die vier Leben des Karl Marx. Verlag Kremayr& Scheriau, Wien 2008, gebunden, 220 Seiten, 19,90 Euro).

Deutsche Opferbilanz. Während der Gedächtnispark inmitten der Hauptstadt im Mai um das Denkmal für die verfolgten Homosexuellen im Dritten Reich ergänzt wird, das sogar die damals ignorierten Lesben (Paragraph 175 Strafgesetzbuch galt nur Männern) ins Gedenken einreiht, bleibt der Erinnerung an die Millionen deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs ein prominenter Platz verwehrt bzw. verliert sich - wie im Zentrum gegen Vertreibungen oder der Neuen Wache - in Beliebigkeit. Einzig eine private Initiative (Verein Gedächtnisstätte e.V.) will zumindest in der sächsischen Provinz bei Borna ein Regulativ setzen. Wolf Welzel hat nun - praktisch als Beschreibung des Projektes - den dort gewürdigten vielen Millionen Deutscher ein zusätzliches publizistisches Denkmal gesetzt. Welzels ergreifendes Requiem gilt den über 500.000 Opfern der detailliert dargestellten Hunderten Bombenangriffe auf deutsche Städte, den Vertriebenen inklusive der etwa zwei Millionen in den Ostprovinzen oder Osteuropa Ermordeten, den Verschleppten, in alliierter Gefangenschaft oft jämmerlich Krepierten, den Gefallenen ebenso wie den geschändeten Frauen und verwaisten Kindern (Ein deutsches Trauerspiel. Grabert Verlag, Tübingen 2008, gebunden, 320 Seiten, Abbildungen, 16 Euro).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen