© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/08 25. April 2008

UMWELT
Trotz Erdölfund bescheiden bleiben
Volker Kempf

Eines der größten Ölfelder der Welt soll vor der Küste Rio de Janeiros entdeckt worden sein. Laut der brasilianischen Erdölbehörde könnten dort bis zu 33 Milliarden Barrel Erdöl lagern. Zum Vergleich: Die Vorräte der USA sollen sich auf 21,8 Milliarden Barrel belaufen. Das klingt nicht schlecht. Betrachtet man aber den Weltölverbrauch der letzten Jahre, dann liegt dieser bei etwa 31 Milliarden Barrel pro Jahr - Tendenz steigend. Der Carioca-Neufund, sollte er sich so bewahrheiten, reicht bestenfalls für ein Jahr. Jetzt wie ein Analyst der New Yorker Investmentbank Natixis Bleichroeder auszurufen, es gebe nun keinen Grund mehr, unseren Lebensstil zu ändern, das erinnert an den Finder eines vergessenen Sparstrumpfes bei der Großmutter, der einen Freudenseufzer von sich gibt.

Aber die Zeit der Ernüchterung sollte sich bald wieder einstellen, um nicht abzuheben. Denn noch immer gehen die Werte der Ölfördermengen und der Ölfunde auseinander, worüber der größte Ölfund seit 30 Jahren nicht hinwegtäuschen kann. Die Tiefe, in der das Öl lagert, ist zudem beträchtlich, was den wirtschaftlichen Aufwand, es zu bergen, erhöht - auch Salzgestein soll die Förderung erschweren, was noch einmal Zeit kostet, insgesamt mindestens zehn Jahre. Geschenkt gibt es also nichts. Ein kleiner Aufschub ist das, was die Meldung aus Brasilien verspricht, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Herzlichen Glückwunsch daher zu diesem gigantischen Ölfund - dann sollte aber bedacht werden: Die Verbrennung der gefundenen Menge heizt mit dem freiwerdenden Kohlendioxid (CO2) das Weltklima auf, wenn die meisten Wissenschaftler nicht ganz danebenliegen. Auch das mahnt, nichts unnötig zu verprassen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen