© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/08 02. Mai 2008

"Fall Peter Krause"
Hegemonie und Feigheit
Dieter Stein

Mediale hysterische Empörung baut sich auf über die Ankündigung des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU), mit Peter Krause am 8. Mai einen Ex-Redakteur der JUNGEN FREIHEIT zum Kultusminister zu ernennen. Krause war vor zehn Jahren als Redakteur bei der JF beschäftigt und hatte 2000 zuletzt für diese Zeitung geschrieben. Innerhalb weniger Tage steigt die mediale Erregungskurve an, sehen Politiker von Claudia Roth (Grüne) bis Hubertus Heil (SPD) die demokratische Ordnung erschüttert, weil ein vermeintlich "Rechter" ministrabel sein soll.

Wie wäre es eigentlich anders herum? Wäre eine Schlagzeile "Empörung über Grünen-Ministerkandidat - Ex-Redakteur von Linkspostille wird Minister" (taz) denkbar? Oder "Regierungsumbildung löst Sturm der Entrüstung aus - Regierungschef will Ultralinken in sein Kabinett holen - Opposition spricht von Offenbarungseid" (Die Welt)? Nein, eine solche Hysterie wäre im Falle eines "Linksintellektuellen" jenseits unserer Vorstellungskraft.

Die ehemalige Mitarbeit in einer linken Zeitung sorgt im politischen Betrieb der Bundesrepublik Deutschland niemals für Aufregung oder Karriereprobleme. Im Zweifel ist dies sogar das Ticket für den Zutritt zu politischer Macht. Als Zeitungen Anfang 2001 Bilder des Polizisten verprügelnden Joschka Fischer publizierten, die Vergangenheit des damaligen grünen Außenministers und seine Kontakte zu Linksterroristen medial thematisiert wurden und er sich in einem Interview zu seiner linksextremen Vergangenheit bekannte ("Ja, ich war militant"), war doch nie im Traum daran zu denken, daß diese Affäre zum Rücktritt führen könnte. RAF-Anwalt (Otto Schily) oder Mitglied einer kommunistischen "K-Gruppe" (Jürgen Trittin) gewesen zu sein, bedeutet für Politiker der Grünen oder der SPD kein Problem.

In der Praxis haben Politiker, die einst mit Massenmördern wie Stalin, Mao oder Ho-Chi-Minh sympathisierten, in den Augen selbst bürgerlicher Medien gar Sex-Appeal. Sie werden hofiert und nicht gemieden. Es sprengt auch keine Talkshow bei Anne Will oder Maybrit Illner, wenn dort ein Kommunist eingeladen wird - schließlich kommt es ja pausenlos vor.

Aber einen "Rechtsintellektuellen" als Minister? Einen ehemaligen Redakteur der konservativen JF? Da erzittert die Republik. Welche Demokratie leben wir eigentlich, wenn es neben einer "Linken" nicht selbstverständlich auch eine "Rechte" gibt - wenn schon nach diesen simplen Begriffen sortiert wird. Wenn es anerkanntermaßen eine "Linke" gibt, dann gehört zu einer intakten und über ein souveränes Gleichgewicht verfügenden Demokratie auch eine "Rechte". Gibt es intellektuelle "Linke", die den öffentlichen Diskurs beleben, so bedarf es auch intellektueller "Rechte", die in diesem Meinungsstreit erwidern können.

Daß dem nicht so ist, verdanken wir einer real-existierenden linken kulturellen Hegemonie - daß sich nichts daran ändert, einer stets kapitulationsbereiten CDU, sich im Zweifel dieser linken Hegemonie feige zu unterwerfen.

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