© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/08 02. Mai 2008

Aufgeschnappt
Bestrafung nach Abstammung
Matthias Bäkermann

Fatih tobte und grölte. Die Mitfahrer in dem doppelstöckigen Berliner Bus verließen nach und nach das Oberdeck, wo er mit zwei anderen Rabauken "aggressiv, machohaft, respektlos" - so die Schilderungen von Zeuginnen - seinem Haß freien Lauf ließ und das Gespann für eine national befreite Zone der eigenen Art sorgte. "Ich ficke alle deutschen Frauen", pöbelte der 17jährige. Als die Forderung laut wurde, daß "alle Deutschen vergast" werden sollten, rief eine mitfahrende Studentin schließlich die Polizei.

Vergangene Woche landeten die drei vor dem Landgericht in Berlin-Moabit. Für den ältesten, den 19jährige Kaan U., endete der Tag vor Gericht schon vor dem Urteilsspruch unschön, da gegen ihn ein Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und Fluchtgefahr vorlag. Er hatte einer Frau mit einem Klappmesser ins Gesicht gestochen. Zudem war gegen ihn noch eine Klage wegen Körperverletzung an einem 17jährigen Mädchen anhängig. Obwohl er die Jugendrichterin Kirstin Heisig beschwor, daß "Gefängnis ihm nicht helfen" würde, da ihm dafür die "psychische Kraft" fehle, bekam er wegen des Furors im Bus erst einmal vier Wochen Arrest und muß danach ein "Anti-Gewalt-Seminar" besuchen.

Auch Fatih, der entgegen den Zeugenaussagen nur "Scheiß-Deutsche" gerufen und niemanden habe vergasen wollen, muß zwei Wochen schmoren. Der Dritte im Bunde kam gar mit dreißig Stunden Freizeitarbeit davon. Richterin Heisig betonte jedoch, daß die drei jungen Türken die milden Urteile allein ihrer Abstammung zu verdanken hätten. Als Deutsche wären sie allein wegen Volksverhetzung "sehr viel härter" bestraft worden.

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