© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/08 16. Mai 2008

Kolumne
Von der Bühne der Geschichte abgetreten
Gabriele Kuby

Da kenne sich noch einer aus: Alice Schwarzer, die "deutsche Beauvoir ohne Sartre", wird in der Paulskirche mit dem Börne-Preis geehrt. Harald Schmidt, angeblich Katholik, hat sie dafür erwählt und so genannt - zutreffend. Beauvoir ist die Mutter der Abtreibung, Schwarzer ihre treue Schülerin. Deutschland ehrt am Ort nationaler Identität jene Frau, die vielleicht am meisten zur Zerstörung der Familie und zum Tod von acht Millionen ungeborenen Kindern beigetragen hat. Lebten sie noch, hätten wir kein demographisches Problem, sagt der Papst der Demographie, Herwig Birg.

Es gab Protest gegen diese Ehrung - nicht von den Kirchen, nicht von christlichen Politikern (gibt es die noch?) -, sondern von der Frankfurter Prostituierten-Organisation "Dona Carmen", die vor der Paulskirche zur Demo angerückt war. Schwarzer mißbrauche ihre Position, um Frauen in der Prostitution gezielt herabzuwürdigen. Aha! Nicht die Prostitution würdigt die Frau herab, sondern Schwarzers Protest gegen deren Legalisierung, weil sie die Verfolgung von Zuhältern und Menschenhändlern erleichtere. "Lumpenjournalismus" und "Polizeifeminismus" warfen ihr die Lustverkäuferinnen vor.

Schwarzer selbst kritisiert den "Wellness-Feminismus" der "Girlie-Welle". Dazu zählen Lady Bitch Ray und Charlotte Roche mit ihren ganz persönlichen analen "Feuchtgebieten". Die Dame Hure hält "Feuchtgebiete" für "ekligen Schund", was man von einer Doktorandin und Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung auch erwarten kann, nur leider kommt aus ihrem Mund auch nur Brechreizendes.

Um beide Frauen reißen sich die Talkshows. Charlotte Roche beglückt die Massen von Stadt zu Stadt mit dem Vorlesen ihrer Fäkalienfreuden. Der Verleger Alfred Neven DuMont braucht sich nicht zu schämen, weil es Scham nicht mehr gibt. Schließlich erkennt die christdemokratische Familienministerin Ursula von der Leyen in dem Buch "einen Ausdruck von Bildung und Aufklärung".

Zu dumm, daß die sexuellen Normen einer Gesellschaft ein zuverlässiger Indikator für ihr kulturelles Niveau sind. Der englische Anthropologe J. D. Unwin hat in seinem Werk "Sex and Culture" (Oxford 1934) festgestellt: Wenn eine Gesellschaft drei Generationen lang völlige sexuelle Freiheit gewährt, dann sinkt sie auf das unterste zoistische Niveau und tritt von der Bühne der Geschichte ab.

 

Gabriele Kuby ist Soziologin, Publizistin und Mutter von drei Kindern. Sie lebt in Rimsting (Oberbayern).

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