© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/08 23. Mai 2008

Frisch gepresst

Deutscher Orden I. Erstes Entsetzen macht sich beim Blick ins Literaturverzeichnis breit, das Franz Kurowski seinem Werk über „Die Marienburg und ihre 17 Hochmeister des Deutschen Ritterordens“ (Würzburger Verlagshaus, Würzburg 2007, gebunden, 331 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro) anhängt. Aus dem Elbinger Stadthistoriker Edward Carstenn wird dort „Carstens“, aus dem Prähistoriker Carl Engel „Gengel“, aus dem Deutschrechtler Guido Kisch „Kich“, aus Gotthold „Gerd“ Rhode, der ein Buch über „Die Ostseegebiete“ (statt „Ostgebiete“) des Deutschen Reiches herausgegeben haben soll. Noch ein Dutzend grober Fehler solchen Kalibers provozieren die Frage nach einem sachkundigen Lektor. Für Kurowskis Darstellung läßt eine derart schlampige Bibliographie, in der zudem Standardwerke wie Hartmut Boockmanns „Der Deutsche Orden“ (1981) fehlen und sich auch frei erfundene Titel einschleichen, Schlimmes befürchten. Und genau das widerfährt dem Leser schon in den ersten Kapiteln, wenn der Autor, Jahrgang 1923 und seit 1956 bis hinab zum Landser-Heft exzessiv mit der Aufbereitung von „Weltkrieg Zwei“ („Hölle Alamein“ etc.) beschäftigt, ihn von da an bis zum bitteren Ende mit Banalitäten der Marke „Wer gegen die Gesetze verstieß, wurde vor Gericht gezogen“ quält. Ansonsten erzählt er brav ältere Ordensgeschichten nach, ohne die Inhaltsreferate oder die verschwenderisch gestreuten Zitate in Anmerkungen nachzuweisen.

 

Deutscher Orden II. Auch die Bibliographie des Wiener Reisebuchautors Hermann Schreiber „Der Deutsche Orden unter den Kreuzrittern“ (Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2008, gebunden, 351 Seiten, Abbildungen, 9,95 Euro) wirkt wie ein Warnsignal. Anders als bei Kurowski ist Hartmut Boockmann zwar aufgeführt, aber nicht mit seiner Monographie über den Orden, sondern mit dem pauschalen Hinweis auf „diverse Einzelartikel im Lexikon des Mittelalters“. Und auf zentrale ältere Werke wie Christian Krollmanns „Politische Geschichte des Deutschen Ordens“ (1932) glaubte Schreiber gleich ganz verzichten zu können. Seinem eigenen Versuch zur Geschichte des Ordensstaates im Preußenland ist solche Ignoranz nicht gut bekommen. Im Gegensatz zu Kurowski hat Schreiber aber wenigstens ein schwaches Sensorium für „Probleme der Forschung“, die aus über hundertjähriger deutsch-polnischer Konkurrenz um die geschichtspolitische Verwertung der Ordensgeschichte resultieren. Er betet also nicht einfach bloß nach, sondern versucht mitunter zu analysieren, schließt sich dabei öfter allzu unkritisch polnischen Auffassungen an, so etwa in der Frage der Wikingerbesiedlung der „pruzzischen“ Küste zwischen Truso und Wiskiauten. Schreibers Werk ist somit allenfalls als Appetitanreger und Einstieg ins Thema geeignet.

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