© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Dresden schlägt Schwerin
NPD: Udo Voigt als Parteivorsitzender bestätigt / Jürgen Rieger zum Stellvertreter gewählt
Christian Dorn

Dem NPD-Parteitag am vergangenen Wochenende in Bamberg ging ein einjähriger Rechtskampf voraus. Zuletzt hatte die Partei sogar noch kurzfristig eine sechsstellige Kaution für die angemietete Konzert- und Kongreßhalle Bambergs hinterlegen müssen.

Alles nicht ganz einfach für die NPD, die daneben auch mit internen Problemen zu kämpfen hat: Da ist zum einen der Finanzskandal um den sich in Haft befindenden Schatzmeister Erwin Kemna (JF 8/08), der zunehmend auch dem NPD-Vorsitzenden Udo Voigt zusetzte. Und trotzdem wird er ohne Gegenkandidat von 90 Prozent der Delegierten als Parteichef bestätigt. Nicht ganz so harmonisch verläuft dagegen die Wahl von Voigts Stellvertretern.

Neben dem sächsischen Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel und dem Leiter der Programmkommission sowie Parlamentarischen Berater der NPD im Dresdener Landtag, Sascha Roßmüller, kandidieren hierfür Generalsekretär Peter Marx und der wegen seiner Affinität zur Rassenlehre bekannte Anwalt Jürgen Rieger. Während sich Voigt für Rieger ausspricht, weil man einen Volljuristen in der Parteiführung brauche, wird dieser vom Fraktionsvorsitzenden im Schweriner Landtag, Udo Pastörs, heftig angegriffen.

Am Ende unterliegt Marx. Rieger wird neben Apfel und Roßmüller zum Parteivize gewählt. Für die Schweriner Landtagsfraktion, deren Geschäftsführer Marx ist, ist das im Kampf mit der sächsischen Landtagsfraktion um die heimliche Vorherrschaft in der Partei ein herber Rückschlag. Die Dresdner stellen dagegen gleich zwei der drei Stellvertreter. Aber nicht nur deswegen bezeichnet Andreas Molau, Pressesprecher in Schwerin, Riegers Wahl als politische Katastrophe. Rieger halte keinen Abstand zum gewaltbereiten Spektrum und schade dadurch dem Ansehen der Partei.

Molau, aber auch Marx gelten als Vertreter des Flügels, der sich gegen eine weitere Radikalisierung der Partei wendet, allerdings vergeblich, wie es scheint. Die Tatsache, daß sich Voigt für die Wahl Riegers einsetzte, bietet jedenfalls viel Raum für Spekulationen. Immerhin hat Rieger als Anwalt der NPD Einsicht in die Untersuchungsakten im Fall Kemna. Und Voigt weiß, daß alles, was sich an den Vorwürfen gegen Kemna bewahrheiten sollte, auch ihm zur Last gelegt werden wird. 

Nicht wieder in den Parteivorstand gewählt wird dagegen der Verbindungsmann zu den radikalen "freien Kameradschaften", Thomas Wulff. Einige Parteivertreter wollten dies als Zeichen einer gewissen Mäßigung der NPD verstanden wissen. Denn Wulff schwärmt von einem Zusammengehen mit den Kommunisten Deutschlands. "Ich will doch keine schönere BRD, ich will, daß das Ding verschwindet", sagt er gegenüber der JF. Seine Niederlage allerdings spielt er herunter: Alles sei wunderbar verlaufen - und reiht sich damit in die offizielle Parteimeinung ein. Die spricht am Montag nach dem Parteitag davon, alles habe in "konstruktiver und sachlicher Atmosphäre" stattgefunden.

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