© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

WIRTSCHAFT
Staatlich regulierte Kassenfinanzen
Jens Jessen

Alle Jahre wieder sieht sich die Politik gezwungen, Kostendämpfungsgesetze für das Gesundheitswesen auf den Weg zu bringen. Das Krankenversicherungskostendämpfungsgesetz von 1977 war da noch ehrlich: Es sollte die Kosten dämpfen - durch drei Mark Zuzahlung pro Krankentransport. Die folgenden 18 Gesetze waren zwar kreativer benannt, aber in der Wirkung vergleichbar. Alle Reformen weiteten die Bürokratie aus und etablierten Regelmechanismen - bis auch diese verpufften. Nun gibt es das GKV-Wettbewerbstärkungsgesetz (WSG). Die Pessimisten gehen davon aus, daß der Kern des WSG, der Gesundheitsfonds, ihnen ab 2009 einen höheren Beitrag bescheren wird und den Weg in die Staatsmedizin vorbereitet. Die kleine Schar der Optimisten glaubt, daß jetzt alles gut wird für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Der Gesundheitsfonds kurbele den Kassen-Wettbewerb an und stabilisiere die Finanzen des GKV-Systems. Die Mehrheit meint, der Wettbewerb werde lahmgelegt.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, befürchtet eine Verschlechterung der Versorgungsqualität. Ab 2009 werden wichtige Elemente der bisherigen Finanzautonomie der Kassen auf staatliche Institutionen übertragen. Der vorgesehene zentrale Einzug der Beiträge durch den Gesundheitsfonds ist zwar auf 2011 verschoben. So soll verhindert werden, daß bei den Kassen rund 30.000 Arbeitsplätze schon 2009 verlorengehen. Die Höhe des GKV-Beitragssatzes wird aber nicht mehr von jeder Kasse selbst festgelegt. Wie in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es nächstes Jahr nur noch einen Einheitsbeitragssatz, der per Rechtsverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium festgelegt wird - also zumindest staatlich regulierte Kassenfinanzen.

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