© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Kraft des unterdrückten Erinnerns
Aus dem geistigen Leben nicht wegzudenken: Ernst Nolte gratuliert Herbert Fleissner
Ernst Nolte

Seit dem Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert war "Vielstimmigkeit", die dann zur "Freiheit der Meinungsäußerung" wurde, eines der Hauptkennzeichen des "Liberalen Systems" in Europa. Aber es gab auch immer Stimmen, die nicht gehört wurden oder die sich nicht vernehmbar machen konnten. Im Deutschland der Nachkriegszeit seit 1945 gehörten dazu nicht zuletzt die Stimmen jener Deutschen, welche in vielfacher Millionenzahl unter den Folgen des verlorenen Krieges am schwersten zu leiden hatten, nämlich die Vertriebenen aus den deutschen und nichtdeutschen Ostgebieten. Oft genug fielen sie dem großen Schuldspruch gegenüber Hitler und dem Nationalsozialismus noch mehr als die übrigen Deutschen ebenso kollektiv zum Opfer, wie sie kollektiv und oft mit Todesfolgen vertrieben worden waren.

Wenn sie trotzdem mit der Zeit auch in der intellektuellen Öffentlichkeit nicht ganz ohne Gehör blieben, so war das zu einem entscheidenden Teil das Verdienst eines jungen Mannes aus ihren Reihen, der buchstäblich "aus dem Nichts" in zäher Arbeit eine Verlagslandschaft zu schaffen vermochte, die nicht bloß zu einer Kraft des unterdrückten Erinnerns wurde, sondern in der auch "Rechte" verschiedenster Art einen Boden fanden, auf dem sie ihren Anspruch demonstrieren konnten, ebenso ein unentbehrlicher Bestandteil der "freiheitlichen Demokratie" zu sein wie "die Linken".

Dieser Mann war Herbert Fleissner, der jetzt, am 2. Juni 2008, seinen 80. Geburtstag feiert. Eigentlich sollten ihm alle diejenigen gratulieren, welche sich die gedanklichen Bequemlichkeiten des vordringenden Linkskonformismus nicht zu eigen machen und einem Streit um die deutsche und europäische Vergangenheit zustimmen, aus dem nie ein herrschender Rechtskonformismus hervorgehen kann, denn in den Verlagen Fleissners fanden auch Werke von Willy Brandt und Ephraim Kishon einen festen Platz. So ist Herbert Fleissner in mehrfacher Hinsicht ein bedeutender Repräsentant seiner Zeit, und er darf mit Zufriedenheit auf mehr als ein halbes Jahrhundert einer Tätigkeit zurückblicken, die aus dem geistigen Leben der Bundesrepublik Deutschland nicht wegzudenken ist.

 

Prof. Dr. Ernst Nolte, Jahrgang 1923, Historiker, lehrte von 1965 bis 1973 in Marburg und danach bis zu seiner Emeritierung 1991 am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin Neuere Geschichte. Im Herbig Verlag, München, veröffentlichte er zahlreiche Bücher, zuletzt 2006 "Die Weimarer Republik. Demokratie zwischen Lenin und Hitler".

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