© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Frisch gepresst

Preußenland. Manfred Neugebauer hat zwei "Große illustrierte Geschichten" vorgelegt, eine von "Ostpreußen" und eine von "Westpreußen und Danzig" (Melchior Historischer Verlag, Wolfenbüttel 2008, gebunden, 280 bzw. 256 Seiten, Abbildungen, je 29, 95 Euro). Dazu die gute Nachricht zuerst: Liebhaber historischer, kolorierter Karten kommen in beiden Bänden auf ihre Kosten. Hier hat der auf den höchst verdienstvollen Nachdruck seltener landeskundlicher Werke über die deutschen Ostgebiete spezialisierte Verlag nicht gespart. Man sollte vielleicht auch noch dankbar sein für die verschwenderische Ausstattung mit historischen Aufnahmen, obwohl sehr viel davon nach 1945 von einem der einschlägigen Fotobücher zum nächsten gewandert ist und hier nun für den Kenner zu viele Déjà-vu-Effekte zeitigt. Die Auswertung rarer Prachtbände, wie sie etwa der Deutsche Architektur- und Ingenieurverlag ("Dari") in den zwanziger Jahren  über Danzig, Elbing und Königsberg komponierte, zusammen 600 Seiten mit Hunderten von Aufnahmen, hätte sich hier wohl eher empfohlen. Der Hauptvorwurf aber, der Autor und Verlag zu machen ist, ergibt sich daraus, daß die "Geschichte" beider Provinzen hinter der "großen Illustration" kaum noch als Schattenspiel zu entdecken ist. Selten läßt sich Neugebauer herab, ausführlicher zu werden. Telegrammstil herrscht vor. Das 19. Jahrhundert ist ihm für beide Provinzen je geizige drei Seiten wert, dem 20. ergeht es nicht besser, frei nach der Devise "Wer wenig schreibt, macht auch wenig falsch". Trotzdem haben sich manche Ungenauigkeiten und Fehler eingeschlichen.  

 

Oder-Neiße-Linie. Der Verfassungsjurist Jörg-Detlev Kühne hat 2005 in einem Vortrag vor der Juristischen Gesellschaft in Potsdam Gedankenspiele angestellt, die in der Bundesrepublik alles andere als alltäglich sind - nämlich, ob die Grenzziehung nach den "ethnischen Säuberungen" östlich von Oder und Neiße "durch beiderseitiges Verhandeln zumindest teilweise hätte korrigiert" werden können. Der nun als schmales Bändchen vorliegenden aktualisierten Auflage, die auch Überlegungen über den "Stettiner Zipfel" westlich der Oder beeinhaltet, ist allerdings anzusehen, daß die juristischen Revisionen der deutsch-polnischen Grenze selbst zum Theoretisieren wenig Stoff aufweisen, da sowohl die Situation des Kalten Kriegs als auch die strikte Verweigerungshaltung in Warschau jedes Gespräch unmöglich gemacht hat. Jedoch schließt Kühne mit seiner Materialsammlung, die auch jedes polnische Angebot und Wimpernzuckern in der Grenzfrage chronologisiert, eine nicht unwichtige Lücke im Bücherregal des Völkerrechtlers (Zu Veränderungsmöglichkeiten der Oder-Neiße-Linie nach 1945. Nomos Verlag, Baden-Baden 2007, broschiert, 45 Seiten, 14 Euro).

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