© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/08 06. Juni 2008

Jakob Augstein übernimmt die bisher unabhängige Wochenzeitung "Freitag"
Der Verleger
Peter Freitag

Seit Montag gehört der Freitag Augstein. Genauer: Seit Montag letzter Woche weiß die in Sachen Medien interessierte Öffentlichkeit, daß der Freitag, Deutschlands einzige sozialistische Wochenzeitung von Belang, an Jakob Augstein verkauft werden wird. Der Käufer, mit vierzig Lebensjahren gut doppelt so alt wie das nun erworbene Produkt, verfügt über einige Erfahrung als Journalist: zunächst bei der Süddeutschen Zeitung, seit 2005 bei der Zeit. Dem berühmten Vater, Spiegel-Gründer Rudolf Augstein - fünf Ehen, vier Kinder -, folgt der studierte Politikwissenschaftler jetzt also nicht nur in journalistischer, sondern auch in unternehmerischer Hinsicht: als Zeitungsbesitzer. Der 2002 verstorbene Rudolf hatte zwar als junger Verleger noch recht geschickt zwei englische Spiegel-Mitgründer finanziell über den Löffel balbiert und sich zum Alleinherrscher über das Hamburger Nachrichtenmagazin gemacht; aber mit der Einführung der Mitarbeiter KG Anfang der siebziger Jahre enteignete sich der Senior quasi selbst, so daß seine Nachkommen mit ihren Anteilen nicht einmal mehr eine Sperrminorität beim Spiegel haben.

Ihn reize die "Sonderstellung", die der Freitag in der deutschen Presselandschaft einnehme, begründete Jakob Augstein nun seine Kaufentscheidung. Das Blatt, so der neue Eigentümer, habe "eine ganz eigene, immer wieder überraschende und kluge Sicht auf die Dinge".

Der überregionale Freitag, der in Berlin in einer Auflage von gut 12.000 Exemplaren erscheint, weist sich im Untertitel als "Ost-West-Wochenzeitung" aus - zu Recht: Das Blatt entstand 1990 durch eine Fusion des Sonntag, Organ des DDR-Kulturbundes, mit der im Westen erscheinenden Deutschen Volkszeitung. Aber auch die letztere war streng genommen schon eine "Ost-West-Zeitung": Denn obwohl sie im Westen erschien, machte sie Auftragspropaganda für Ost-Berlin, was ihr den Ruf einbrachte, ein zweites kommunistisches Zentralorgan zu sein.

Diesen politischen Stallgeruch des Freitag nimmt man heute noch wahr, wenn man das quasi anzeigenlose zwanzigseitige Blatt aufschlägt. In der Aufmachung schnörkellos und geradezu stockkonservativ, ist der Inhalt klar linksgestrickt: der Kulturteil linksliberal, der Politikteil sozialistisch. Da wird doppelseitig über die Ausrichtung der Linkspartei debattiert und in einem Kommentar die "Neuauflage des plattesten Antikommunismus aus der Zeit des Kalten Krieges" herbeigeredet.

Das verwundert nicht, denn Wilhelm Brüggen, Sprecher der bisherigen Eigentümergruppe des Freitag, wollte ein Forum schaffen, um "die soziokulturelle und parteipolitische Spaltung der gesellschaftlichen Reformkräfte in linke Sozialdemokraten, Grüne und PDS-Anhänger zu überwinden", wie er jetzt zum Abschied an die Leser schrieb.

Jakob Augstein verspricht im Kaufvertrag personelle wie inhaltliche Kontinuität, will lediglich die "publizistische Linie" des Freitag "verbreitern". In diesem Sinne: Glückwunsch und - gute Besserung!

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