© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/08 06. Juni 2008

Marxistischer Raffzahn
Frechheit siegt: Bernd Lunkewitz will aus der Pleite seines Aufbau-Verlages auch noch Kapital schlagen
Andreas Wild

Was macht ein Unternehmer, dessen Unternehmen pleite gegangen ist? Er meldet seufzend Insolvenz an, versucht, die Gläubiger einigermaßen zu befriedigen und anschließend auch sich selber halbwegs ertäglich über die Runden zu bringen. Für den Unternehmer Bernd Lunkewitz, Besitzer des soeben pleite gegangenen Berliner Aufbau-Verlags, gilt das allerdings nicht. Er versucht, noch aus der Pleite Riesenkapital zu schlagen, auf Kosten der Gläubiger und natürlich auf Kosten der Mitarbeiter.

Lunkewitz, 1968ff. einer der führenden Krawallmacher in Frankfurt am Main und Kassel sowie gleichzeitig und danach Immobilienhai, der mit Grundstücksgeschäften Millionen verdiente, verspürte nach der Wende von 1989 den Ehrgeiz, einer der großen deutschen Verleger vom Schlage Ernst Rowohlt oder Samuel Fischer zu werden. Er kaufte den ehedem kommunistischen Aufbau-Verlag, kaufte ihn gleich zweimal, einmal von der Treuhand, die das SED-Vermögen verwaltete, einmal vom verblichenen DDR-"Kulturbund", dem formalen "Besitzer" des Verlages.

Der Kauf war für Lunkewitz trotzdem ein Schnäppchen. Doch seine Rechnung ging nicht auf. Er war eben kein Rowohlt, er war kein Fischer, er war nur ein Möchtegern, der zwar viel medialen Wind machte, aber von Literatur und ihren Verkaufschancen keine Ahnung hatte. Er verwechselte dauernd Bücher mit Grundstücken.

Jetzt ist also die Stunde der Wahrheit da, die Bücher müssen auf den Tisch. Indes, was tut Lunkewitz? Er geht zur dröhnenden Offensive über, er möchte Geld, viel Geld sehen, er beschuldigt die damalige Treuhand (das heißt: die heutige Bundesrepublik Deutschland), ihn seinerzeit beim Kauf/Verkauf des Aufbau-Verlags schwer getäuscht und um mindestens 48 Millionen Euro betrogen zu haben. Es geht um irgendwelche Rechte, die der Verlag in alten Kommunistenzeiten besessen (oder auch nicht besessen) habe und die die Treuhand beim Verkauf treuloserweise ignorierte.

Die Juristen haben also bei den kommenden Auseinandersetzungen ein interessantes Problem. Mit der Geschäftspolitik von Lunkewitz in den letzten fünfzehn Jahren hat das aber nichts zu tun. Er ist eindeutig der Schuldner und versucht nun, sich zum Gläubiger seiner selbst zu machen. "Frechheit siegt", mag er sich dabei denken.

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