© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Meldungen

Nord-Ostpreußen im Griff gieriger Hände

STUTTGART. Burkhard Hofmeister, emeritierter Geograph der FU Berlin, spart nicht mit Kritik am Auswärtigen Amt, wenn er es der "falsch verstandenen Rücksichtnahme auf polnische Befindlichkeiten" zuschreibt, daß die Deutschen dreizehn Jahre benötigten, um 2004 endlich in Königsberg ein Generalkonsulat zu eröffnen (Die alte Stadt, 1/08). Ob frühzeitige Präsenz freilich die politisch-ökonomischen Prozesse im russisch annektierten Nord-Ostpreußen in eine Richtung hätte lenken können, die zu einem pfleglicheren Umgang mit dem kulturhistorischen Erbe geführt hätte, scheint fraglich. Zumal Hofmeister in seinem baugeschichtlich konzentrierten Überblick zur 750jährigen "Stadtentwicklung" allen angerichteten Verheerungen der Sowjets zum Trotz der Pregel-Metropole eine günstige Prognose stellt: Der Wiederaufbau von Schloß und Kneiphof-Architektur sei nicht mehr unmöglich, das neu erstandene "Fischdorf" erinnere ans 1944 verglühte Speicherareal und der 2007 eröffnete Flughafen binde die russische Exklave näher an den EU-Raum. Diesem Optimismus steht entgegen, was der ehrenamtlich in der Vertriebenenarbeit tätige Klaus A. Lunau berichtet, der mehrere Monate im Jahr im "Oblast" zubringt (Unser schönes Samland, 2/08). Demnach nehme die Landflucht ihren rasenden Fortgang. Gleichzeitig legen die "neuen Reichen" ihre gierigen Hände auf die Kulturlandschaft. Die Planierungsarbeiten für die "Küstenautobahn" im Samland hätten begonnen. Der russische Teil der Kurischen Nehrung soll zur "Touristenzone" erklärt werden, nachdem die Verschandlung durch "wildes Bauen" bereits häßliche Schneisen geschlagen hat.

 

Anatolien: Keltische Landnahme in der Antike

BERLIN. Ob es der Türkei bei ihren Beitrittsbemühungen in Brüssel und Straßburg hilft, auf ihre europäische Geschichte zu verweisen? Immerhin, in grauer Vorzeit war Anatolien einige Jahrhunderte von keltischen "Migranten" besiedelt, die in der Antike "Galater" hießen und sich in Kleinasien bis zum Einbruch der Turkvölker halten konnten. An dieses weitgehend unbekannte Kapitel aus der vorchristlichen Völkerwanderungsepoche erinnert der Klagenfurter Althistoriker Karl Strobel in einer kleinteiligen Spurensuche zur galatischen "Identität und ethnischen Tradition im Imperium Romanum" (Klio. Beiträge zur Alten Geschichte, 2/07). Wurden andere Einwanderer in Kleinasien schnell integriert, gelang es den keltischen Stammesgruppen, eine "eigenständige historische Identität" auszubilden, eine eigene sprachliche Tradition und sogar politische Selbständigkeit zu bewahren, bis dann diese Eigenstaatlichkeit ein Vierteljahrhundert vor Christi Geburt verlorenging und Galatien in die römische Provinzherrschaft eingegliedert wurde.

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