© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/08 20. Juni 2008

"Amoklauf der politisch Korrekten"
Tagung: Brandenburgs CDU-Innenminister Schönbohm warnt auf dem Jahreskongreß des Studienzentrums Weikersheim vor künstlicher Meinungshomogenität
Torsten Uhrhammer

Die politische Korrektheit ist eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie", sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) auf dem 30. Jahreskongreß des Studienzentrums Weikersheim (SZW) am vergangenen Wochenende. Exemplarisch sei der Fall Peter Krause. Die Angriffe auf den CDU-Kandidaten für das Amt des thüringischen Kultusministers, der vor über zehn Jahren als Redakteur der JUNGEN FREIHEIT gearbeitet hatte, bezeichnete er als Hexenjagd, bei der niemanden störte, daß es nicht ein Zitat mit rechtsextremem Inhalt von Krause gebe. "Strafverschärfend" sei hinzugekommen, daß Krause schon vor 1989 gegen das DDR-Regime gewesen ist.

Minister aus der steinewerfenden Spontiszene und aus K-Gruppen sind gesellschaftsfähig, Hauptsache der "Kampf gegen Rechts" gehe weiter, meinte der CDU-Minister bitter. Eine Minderheit wolle eine künstliche Meinungshomogenität herstellen. "Nur wer links, mindestens aber gegen Rechts ist, darf noch mitreden." Geredet werde nur noch hinter vorgehaltener Hand, und Denkfeigheit trete an die Stelle freiheitlichen Bürgertums. Daß unter diesen Bedingungen Rechtsextremisten an Boden gewönnen, überrasche ihn nicht, denn die sprächen das an, was die Demokraten nicht mehr ansprächen.

Die absurde Suche einer "Sprachpolizei" nach ständig neuen Begrifflichkeiten führe ins Lächerliche. Er machte einen "Amoklauf der politisch Korrekten" aus, die "uns mit ihrem Betroffenheitsvirus infizieren wollen". Besonderes schmerze ihn die "Bibel in gerechter Sprache". Sie sei "eine Bankrotterklärung meiner evangelischen Kirche". Es gehe dabei nicht um Gerechtigkeit, sondern um die Selbstgerechtigkeit ihrer Verfasser.

Sein Parteifreund Christoph Böhr legte den Fokus auf das christliche Menschenbild. Die Würde des Menschen sei nicht abstufbar, auch nicht zwischen krank und gesund, geboren oder ungeboren. Diese Errungenschaft des Christentums sieht der Philosoph Böhr, der bis 2006 stellvertretender CDU-Vorsitzender war, durch die Möglichkeiten der gentechnischen Medizin bedroht. Dem stellte sich Böhr leidenschaftlich entgegen. Der Mensch dürfe nicht verzweckt werden. Menschen, die als Ersatzteillager gezüchtet würden, seien eine schreckliche Vorstellung und entsprächen nicht dem christlichen Menschenbild, das sich durch seinen Personalismus auch vom islamischen Menschenbild unterscheide. 

Arnd Diringer, Rechtswissenschaftler an der FH Ludwigsburg und SZW-Präsidiumsmitglied, setzte sich mit der Unvereinbarkeit zwischen dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und der Politcal Correctness auseinander. "Das Grundgesetz ist die beste Verfassung der Welt", und "wenn wir feststellen, daß gegen die Meinungsfreiheit mit Mitteln der Political Correctness agiert wird, gerade dann zeigt sich, wie wichtig ihre Verteidigung ist". Das Antidiskriminierungsgesetz hält er für "grob verfassungswidrig", denn dessen Zweck sei eine Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die Willensbildung müsse in einer Demokratie aber stets vom Volk in Richtung des Staates gehen und nicht - wie in diktatorischen Systemen - vom Staat zum Volk. Den propagierten "Kampf gegen Rechts" würde er mit aller Kraft unterstützen, wenn es denn um einen Kampf gegen Rechtsextremisten und nationalsozialistische Verfassungsfeinde ginge. Gerade darum gehe es aber nicht. Vielmehr diene der "Kampf gegen Rechts" der Bekämpfung des Bürgertums und verschleiere zugleich die Gefahren des Linksextremismus.

Der Journalist Karl Feldmeyer beklagte in seinem Vortrag, daß die deutsche Geschichte vor Auschwitz irrelevant für unsere Identität geworden sei. Als Konservativer gefragt, was denn bewahrenswert sei, gab er die Antwort: "Bewahrenswert ist das deutsche Volk!" Dabei seien Selbstachtung und Selbstbehauptungswille unverzichtbar. Leider werde das Adjektiv "national" nur noch diskreditierend genutzt. Der CDU attestierte er einen Schwund der Deutungskompetenz und die Preisgabe ihrer Positionen in der "Ausländerfrage" und Familienpolitik. Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust habe recht gehabt, als er meinte, die CDU sei in den vergangenen Jahren eine inhaltlich völlig andere Partei geworden. Politiker fühlten sich häufig nicht mehr als Vertreter, sondern als Er- und Umerzieher des Volkes. Sie hielten sich für berechtigt, die Wähler auf Zeit zu entmündigen und trotzdem nach vier Jahren wiedergewählt zu werden. Es gebe keinen relevanten Politiker, der die existentiellen Fragen des deutschen Volkes in den Mittelpunkt stelle.

Die abschließende Nationalhymne sang Bernhard Friedmann zum letzten Mal als Präsident des SZW mit. In seinem Amt folgt ihm der Unternehmensberater Bernhard von Diemer. Als Vize wurde Jörg Schönbohm bestätigt.

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