© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/08 20. Juni 2008

China keine Bedrohung
Tagung der Körber-Stiftung
Torsten Uhrhammer

Entwicklungshilfe für China? Gibt es nicht, sagt der deutsche Botschafter in Peking bei einer Veranstaltung der Hamburger Körber-Stiftung. Michael Schäfer debattierte mit Robert Kagan, Mitgründer des neokonservativen Project for the New American Century (PNAC) und Berater des US-Präsidentschaftsbewerbers John McCain, über die Frage: "Ist China eine sicherheitspolitische Bedrohung für den Westen?"

Doch der Neocon nahm überraschenderweise gleich zu Anfang etwas die Luft raus. China sei keine aggressive, bösartige Macht. Auch einen Krieg gegen Taiwan sah Kagan nicht heraufziehen. Sein Sicherheitsbegriff umfaßt aber mehr als aktuell mögliche militärische Konflikte. Ein Bedrohungsszenario ergebe sich schlicht aus der Größe und des wirtschaftlichen Wachstums mit all seinen Implikationen. China spiele bereits jetzt seine Macht aus und werde wie jede andere wachsende Nation in der Geschichte auch zu einer sicherheitspolitischen Bedrohung. Mit diversen Nachbarn befinde sich China bereits jetzt in territorialen Streitigkeiten. Der Militäretat sei im letzten Jahr um 20 Prozent erhöht worden und das Außenhandelsdefizit der EU mit China auch auf "unfaire Praktiken" der Chinesen zurückzuführen.

Schäfer konnte hingegen keine Bedrohung für den Westen erkennen. China könne nur dann zu einer Bedrohung werden, wenn wir uns nicht um seine Einflechtung in internationales Recht bemühten. Er warb für Integration: "Man kann die großen Probleme der Welt nicht gegen oder ohne China lösen." Eine Ausgrenzung könne den starken chinesischen Patriotismus in einen aggressiven Nationalismus umschlagen lassen. Der nationale Stolz auf das, was in den letzten Jahrzehnten erreicht worden sei, sei groß.

Zwar gebe es weiter eine Ein-Parteien-Diktatur, doch noch nie sei ein so freier Diskurs möglich gewesen wie jetzt, so Schäfer. Der Militäretat sei gemessen am Bruttoinlandsprodukt nicht höher als der Frankreichs. Die chinesische Armee sei technisch Jahrzehnte zurück und nicht einmal in der Lage, Taiwan anzugreifen. Daß China seine nationalen Interessen vertrete, sei legitim und für uns nicht bedrohlich. Und daß China die westliche Art des Wirtschaftens übernommen habe, biete mehr Chancen als Risiken.

Für Kagan eine zu kurzfristige Betrachtungsweise: "Was wenn die KP nicht mehr liefern kann?", wenn also Wachstum, Energieversorgung und Wohlstandsmehrung einmal nicht mehr so sicher sind? "We need to be ready if it isn't all perfect", so der Washington Post-Kolumnist. Kagan warnte, daß die KP den Nationalismus nützen könne, wenn es innen- und wirtschaftspolitisch schlechter liefe. Gegen Japan habe man das schon getan. So sei es auch kein Wunder, daß Japan und Indien sich stärker an die USA binden wollten.

Die Wirtschaft sei sowieso überhitzt, bei einem zweistelligen Wachstum würde es überhaupt nicht schaden, wenn es eine Zeitlang nur vier Prozent wären, hielt Schäfer entgegen. Was China fehle, sei ein Sozialsystem nach westlichem Vorbild, um die Auswirkungen einer Rezession auf den Arbeitsmarkt zu verkraften und stabilisierend zu wirken. China brauche keine Entwicklungshilfe. Es gebe lediglich "Projekte der wirtschaftliche Zusammenarbeit" in Bereichen, in denen die deutsche Wirtschaft ins Geschäft gebracht werden könne.

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