© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/08 20. Juni 2008

ARD-Serie "Gott und die Welt": Wenn die Abrißbirne kommt
Das Ende der Barmbeker Heiligengeistkirche
Christian Dorn

Während die Zahl der Moscheen in Deutschland stetig zunimmt, häufen sich die Meldungen über leerstehende oder baufällige Kirchenhäuser, die zum Verkauf oder Abriß bestimmt sind. Es erscheint als eine fast tragische Tendenz, von der sowohl evangelische wie katholische Gemeinden betroffen sind. Beispielhaft für diesen Niedergang ist das Ende der über 100jährigen Barmbeker Heiligengeistkirche in der Freien und Hansestadt Hamburg. Die 1903 geweihte Kirche, erbaut nach einem Entwurf des Architekten Hugo Groothoff, war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden. Dennoch wurde sie wieder aufgebaut. Jetzt trennte sich die Gemeinde von dem Gebäude mit der marode gewordenen Bausubstanz: Abrißbagger rückten an, und Ende April sackte der stolze Turm der Kirche in sich zusammen. Der erhalten gebliebene Ostflügel soll in ein neues Wohngebäude eingefügt werden. Trauer, Empörung und Unverständnis sind die Reaktionen bei Anwohnern, Politikern und Gemeindemitgliedern. Den Abriß der von Bischöfin Maria Jepsen entwidmeten Kirche kommentiert die Hamburger Kultursenatorin und designierte Kirchentagspräsidentin Karin von Welck mit unmißverständlichen Worten: "Kirchenabriß ist Kapitulation!"

Den Weg dorthin hat der Autor Bertram von Boxberg über fünf lange Jahre minutiös begleitet. Seine Dokumentation "Vom Ende einer Kirche" rekapituliert den schmerzhaften Beschluß des Kirchenvorstands, auf den der Verkauf, die Auseinandersetzungen mit Denkmalschutz und Baubehörde sowie die kirchlichen Abschiedsrituale folgten. Zu der ein Jahrhundert übergreifenden Geschichte gehören indes viele kleine Geschichten. So auch jene des Ehepaars Ingrid und Hans Apel: Der Bundesminister a.D. hatte seine Frau in der Gemeindejugend der Heiligengeistkirche kennengelernt. Gemeinsam besuchen sie kurz vor dem Abriß noch einmal "ihre Kirche" -  erfüllt von Trauer und Wehmut.

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