© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/08 04. Juli 2008

Aufgeschnappt
Demonstrative Symbolik
Matthias Bäkermann

Siegermentalität" wolle er keine aufkommen lassen, begründete Schulleiter Wilhelm Bredthauer sein während der Fußball-EM erlassenes Verbot von schwarzrotgoldenen Fahnen an seiner Schule in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, nachdem die deutsche Nationalmannschaft vergangene Woche im Halbfinale die Türkei besiegte, "mit Rücksicht auf Schüler anderer Nationalitäten". Die Schüler der Hannoveraner Goetheschule wollten sich diese nationalneurotischen Gängeleien jedoch nicht gefallen lassen und schlugen Alarm. Letztlich sprach das niedersächsische Kultusministerium ein Machtwort: Das Flaggezeigen sollte während der Dauer der Europameisterschaft "nicht unterbunden werden".

Bei den "kleinen 'nationalen' Symbolen, T-Shirts etc." ist auch Schulleiter Jürgen Panteleit vom Schiller-Gymnasium  in Berlin-Charlottenburg großzügig, obwohl diese ja "eigentlich auch zu verbieten wären", da sie "unter das Neutralitätsgebot der Schulen fallen", wie Panteleit in einem schulinternen Rundschreiben vom 23. Juni an die "lieben Schülerinnen und Schüler" verlauten ließ. "Aber solange diese symbolischen Solidaritätsbekundungen sich nicht gegen andere richten", sei für die Zeit der Fußball-EM "wenig gegen diese einzuwenden", gab sich Panteleit darin jovial. Probleme hat er allerdings mit Nationalfahnen. Bei diesen sei es "unzulässig", sie "in der Schule öffentlich (= demonstrativ) zu tragen, mitzuführen oder aufzuhängen oder gar eine kleine 'nationale' Demonstration auf dem Schulhof durchzuführen", da laut Schulgesetz "die Beziehungen zu anderen Menschen in Respekt, Gleichberechtigung und Verständigung gestaltet werden" sollten.

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