© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/08 18. Juli 2008

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Meere verbinden
Karl Heinzen

Ganze drei Tage nachdem Carla Bruni ihre mit großer Spannung erwartete neue CD "Comme si de rien n'était" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, ist es ihrem nicht minder umtriebigen Ehemann Nicolas Sarkozy gelungen, die Augen der Welt erneut auf Paris zu lenken. Worauf die Menschheit schon nicht mehr zu hoffen wagte, seit sich die Rückeroberung Italiens unter dem spätantiken oströmischen Kaiser Justinian I. durch den Einfall der Langobarden als nur vorübergehend herausgestellt hatte, scheint nun unter der Ägide des französischen Staatspräsidenten doch noch Wirklichkeit geworden zu sein: Die Staaten des Mittelmeerraumes wollen nicht mehr bloß Nachbarn sein, sondern zu einer neuen Einheit finden und als echte Partner die Zukunft gemeinsam gestalten.

Nicolas Sarkozy ist dieser Erfolg nicht in den Schoß gefallen. Obwohl die EU sonst nicht müde wird, in alle Himmelsrichtungen ihre Bereitschaft zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu bekunden, ist aus dem Kreise ihrer Mitglieder der "Union für das Mittelmeer" massiver diplomatischer Widerstand entgegengesetzt worden. Nicht zuletzt Berlin hat hier eine unrühmliche Rolle gespielt. Sarkozy war jedoch bereit, sich auf sehr weitgehende Kompromisse einzulassen, und gerade diese könnten sich nun paradoxerweise als die eigentlichen Stärken der Union herausstellen.

Die Mittelmeerunion ist eben keine Organisation im eigentlichen Sinn und wird auch nur sehr bescheidene Strukturen ausbilden. So weiß niemand, wer Sarkozy und seinem ägyptischen Amtskollegen Mubarak wann und auf welche Weise in der gemeinsamen Führung der Union nachfolgen könnte. Selbst der Dienstsitz des Sekretariats steht noch nicht fest. Da es so gut wie keine Institutionen gibt, können sich die Bürger ihnen auch nicht entfremden. Die Geburtsfehler der EU werden somit von Anfang an konsequent vermieden.

Sobald sich die erste Euphorie gelegt hat, dürften hingegen einige eher grundsätzliche Fragen auf die Tagesordnung geraten. So ist es nicht einsichtig, daß zwar alle EU-Staaten der Mittelmeerunion angehören, aus dem Süden und Osten aber lediglich direkte Anrainer in ihr vertreten sind. Die Brücke, die es zu bauen gilt, sollte aber nicht schon an der Sahara enden. Zudem ist es zwar richtig, daß Meere heute nicht trennen, sondern verbinden. Gilt dies aber nicht auch für den Atlantik oder den Pazifik? Man sollte also darüber nachdenken, ob aus der Union für das Mittelmeer nicht mittelfristig eine Union für die Weltmeere erwachsen könnte.

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