© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Tauschgeschäft
Terrorismus: Datenabgleich mit den Vereinigten Staaten
Ekkehard Schultz

Die SPD hat ihren Widerstand gegen das geplante Abkommen über den vereinfachten Datenaustausch zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten zur Terrorismusabwehr aufgegeben. Die bisherigen Vorbehalte aus den eigenen Reihen seien durch das Justiz- und Innenministerium "überzeugend ausgeräumt" worden, sagte Innenexperte Dieter Wiefelspütz.

Bereits Anfang März hatten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) in Berlin mit dem amerikanischen Heimatschutzminister Michael Chertoff und Justizminister Michael Bernard Mukaseyein das neue Sicherheitsabkommen unterzeichnet. Dessen Ziel ist es, den Anti-Terror-Kampf effizienter zu gestalten. Beide Staaten sollen die Möglichkeit erhalten, auf Dateien der Polizeibehörden mit Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit sowie Fingerabdrücken zugreifen zu können. Bislang war dazu ein ausführliches Rechtshilfeersuchen notwendig. Nun soll ein bloßer Verdacht gegen Personen, terroristische Straftaten oder damit in Zusammenhang stehende Delikte zu planen, ausreichen, um in die gespeicherten Daten wechselseitig Einblick nehmen zu können.

Bereits heute ist ein solcher Datenaustausch ohne Rechtshilfeersuchen zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern möglich. Im Prümer Vertrag von 2005 wurde eine solche Vernetzung der Polizeidatenbanken beschlossen, um damit Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Migration besser zu bekämpfen.

Nach Ansicht von Schäuble basiert der neue Gesetzentwurf auf den Regeln des Prümer Vertrags. Doch dies bezweifeln Kritiker wie der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar. In einer Stellungnahme für den Innenausschuß des Bundestages monierte Schaar, daß "aus datenschutzrechtlicher Sicht ... das Abkommen weit hinter vergleichbaren Vereinbarungen auf europäischer Ebene" zurückbleibe. So gelte das amerikanische Datenschutzgesetz nur für Bürger der Vereinigten Staaten und für Personen, die sich dort langfristig aufhalten, jedoch "ausdrücklich nicht für Daten, die aus dem Ausland kommen". Daher könnten sich Deutsche gegen den Mißbrauch ihrer Daten nicht wehren, warnte Schaar. Aufgrund des leichten Zugriffs könnten dann "sämtliche Demonstranten, Schwarzfahrer oder Asylbewerber" außerhalb Europas erfaßt werden. Dabei würden bei der Einreise in die Vereinigten Staaten ohnehin Fingerabdrücke gespeichert. Damit sei bei möglichen Straftaten eine Identifizierung auch nach der bisherigen Praxis leicht möglich.

Ebenso wie Schaar üben auch die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linkspartei deutliche Kritik an den Richtlinien der Vereinbarung. Bemängelt wird vor allem, daß Betroffene kein Recht haben, von amerikanischen Behörden Auskunft über gespeicherte Daten sowie deren Löschung oder Berichtigung zu verlangen. Auch der Weg vor ein Gericht stehe im Streitfall nicht offen.

Nach Meinung des FDP-Abgeordneten Max Stadler sei zudem "nicht einsehbar", warum auch "so sensible Informationen wie zum Beispiel zur sexuellen Orientierung oder zur Gewerkschaftszugehörigkeit möglicher Terroristen oder Krimineller übermittelt werden" sollen. In diesen Fragen seien neue Verhandlungen dringend notwendig. Das "Umfallen der SPD" sei "unverständlich", kritisierte Stadler. Schäuble wertet die Einwände als "Panikmache". Fahnder dürften die Vereinbarungen nur im Zuge der Verhütung oder Verfolgung schwerer Straftaten anwenden. Zudem könnten die Daten nicht als Beweismittel vor Gericht verwendet werden.

Über Einzelheiten des Gesetzentwurfes soll im September mit dem Innen- und dem Justizministerium noch einmal gesprochen werden. Danach könnte das Gesetz den parlamentarischen Weg nehmen und damit bereits zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten.

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