© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Guerilleros als Vorbild
Linksextremismus: Organisator des Musikfestivals "Umsonst und Draußen" in der Kritik
Lars Pohlmeier

Vom 1. bis zum 3. August wird in den Weserwiesen der Gemeinde Porta Westfalica bei Minden das sei 1975 existierende Musikfestival "Umsonst und Draußen" stattfinden. Es werden mehrere zehntausend Besucher erwartet.

In diesem Jahr hat ein junger Mann mit einer besonderen Vorgeschichte die Musikgruppen ausgewählt, die auf dem Festival spielen werden. Johannes Kölling nahm schon am letzten "Umsonst und Draußen" als Gitarrist und Sänger seiner Punk-Band "Widerkampfständer" teil. Das Fan-Magazin plasticbomb befand, "wer sich als Band einen solchen Bandnamen aussucht, der wird auf keinen Fall Spaß-Texte zum besten bringen", wobei das Magazin verzeihlicherweise die Namensbestandteile von "Widerkampfständer" falsch als "Widerstandskämpfer" ordnete. Tatsächlich haben die Texte "eine sehr politische Ausrichtung", wie plasticbomb bemerkt. Genauer gesagt bedient Widerkampfständer mit seinen kaum verstehbar gebrüllten Texten linksextreme Positionen.

So positioniert sich Widerkampfständer im gleichnamigen Stück "gegen Faschisten, Sexisten und den Staat". Der Haß auf den eigenen Staat geht dabei einher mit grenzenloser Fremdenliebe. In "Open Borders" texten die drei Bandmitglieder: "Ihr sprecht von euren offenen Grenzen, doch wer euch nicht paßt, wird abgeschoben//ein paar Monate in den Knast, dann wird die Abschiebung vollzogen//Europa ist jetzt groß und bunt, doch leider nur zum Schein//wer euch nichts in die Kassen bringt, der kann nur noch laut schreien."

Und in "Deutsche Ordnung" versteigen sie sich zu der Behauptung, der deutsche Staat lasse Ausländer totknüppeln: "Doch es gibt noch eine Gruppe, die vom Staat geduldet wird,//die mit Baseballschlägern in der Hand //für ihr Vaterland marschiert,//sie nennen es deutsche Ordnung,//wenn sie Ausländer massakrieren." Der Staat läßt die hier lebenden Ausländer also massakrieren, obwohl sie nach dem Stück "Open Borders" danach ausgewählt wurden, daß sie "etwas in die Kasse bringen" - diese Logik erschließt sich wohl nur dem ideologisch entsprechend Vorbelasteten.

Angesichts dieses internationalistischen Engagements ist ein weiteres Stück bemerkenswert. Im Lied "EZLN" macht sich Widerkampfständer für eine "national befreite Zone" stark. Selbstverständlich findet sich diese Zone nicht in Deutschland, sondern im Ausland. "EZLN" steht für "Ejército Zapatista de Liberación Nacional", zu deutsch "Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung". "National befreit" wurde von der EZLN die mexikanische Provinz Chiapas im Namen der Indianerbevölkerung, dafür wird sie von Widerkampfständer hymnisch gepriesen.

Als Reaktion auf das internationale Abkommen Nafta, für das Mexiko Landerwerb durch Ausländer möglich machte, überfiel die EZLN in der Neujahrsnacht 1994 in der mexikanischen Region Chiapas in einem paramilitärischen Angriff die lokale Polizei.

Die Organisation brachte zeitweise mehrere Städte unter ihre Kontrolle. Bei den folgenden Kämpfen kamen mehrere hundert Menschen um. Für die extreme deutsche Linke ist die EZLN seither ein Vorbild. So befindet derVerfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen in seinem Bericht von 2003 über die Anti-Globalisierungsbewegung: "Zu den historischen Bezugspunkten beziehungsweise Gründungsmythen vor allem des linksextremistischen Teils der Bewegung zählt der Aufstand der Zapatistas ('Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung' - EZLN) in Mexiko [...]Die EZLN verstand es, durch geschickte Selbstinszenierung weltweite Aufmerksamkeit und Solidarität in linken und alternativen Kreisen zu wecken." Der Verfassungsschutz schätzt die EZLN als "marxistisch-maoistische Guerilla" ein.

Wie kommt die Propaganda der EZLN nun ins beschauliche Ostwestfalen? Auf das Internet ist die extreme Linke nur zum Teil angewiesen. In der Kleinstadt Vlotho, wo Johannes Kölling im vergangenen Jahr sein Abitur machte, sitzt das "AKE Bildungswerk". Es hat sich der "entwicklungspolitischen Öffentlichkeitsarbeit" inklusive "antiimperialistischer Demonstrationen" verschrieben. Das Bildungswerk bewarb im Jahr 2003 die Veranstaltung "Widerstandsbewegungen in Lateinamerika gegen den Neoliberalismus". Es referierte Anamaria Diaz aus Chile, die in Bielefeld auch als Kandidatin der Linkspartei aufgefallen ist.

Johannes Kölling konnte sich seine Guerilla-Ideen aber auch aus dem Arbeiterjugendzentrum AJZ Bielefeld besorgen, wo man ihn an Wochenenden antrifft. Im Jahr 2004 kündigte das AJZ ein Konzert mit einer Gruppe "Rejected Youth" und Liedern zur "Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN" an. Das AJZ geriet in der Vergangenheit immer wieder wegen Kontakten zum Linksterrorismus in die Schlagzeilen. Die öffentliche Förderung dieses Jugendzentrums wurde deshalb schon Anfang der neunziger Jahre eingestellt. Im AJZ trat Widerkampfständer in den Jahren mindestens zweimal auf.

Gerne gesehen sind die Musiker auch an anderen Veranstaltungsorten, die von der linken Szene beherrscht werden. Im "Autonomen Kultur- und Kommunikationszentrum" Alte Pauline im nahe gelegenen Detmold nahm die Band im Oktober 2005 an einem "Solidaritäts-Konzert Rock gegen Rechts - Bleiberecht für Flüchtlinge" teil. Vor dem Konzert gab es ein Vernetzungstreffen der regionalen Einwanderungslobby. Diese feierte eine von ihrem Umfeld verantwortete Besetzung des Hermannsdenkmals bei Detmold als "Protest gegen die menschenverachtende Abschottungspolitik".

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