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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/08 25. Juli / 01. August 2008
Zeitschriftenkritik: Nouvelle Revue d'Histoire Wer sich je die Auslage eines französischen Kiosk oder eines Maison de la presse gründlicher angesehen hat, dem wird die große Zahl von Zeitschriften mit historischer Thematik aufgefallen sein. Es gibt spezielle Veröffentlichungen zur Geschichte der Glaubensformen und zur Entwicklung von Dynastien, zur Geschichte der Handwerke oder der Regionen, zur Archäologie und selbstverständlich alles mögliche zur Militärhistorie, es gibt Randständiges - mit esoterischem Einschlag - und die Publikationen, die sich brav im mainstream bewegen, und dann gibt es eine Zeitschrift, die zwar im guten Sortiment stets angeboten wird, aber nicht zu dieser Gruppe gehört und doch Einfluß auf die politisch-historischen Debatten des Landes nehmen kann. Es handelt sich um die sechsmal im Jahr mit etwa je siebzig Seiten erscheinende Nouvelle Revue d' Histoire (NRH). Ihre Position ist eine der Rechten, aber keinesfalls im engeren Sinn parteilich, was sicher mit der prägenden Kraft des Chefredakteurs Dominique Venner - 1968 Mitbegründer des rechtsintellektuellen Theoriezirkels GRECE - zu tun hat, aber auch an der Urteilsfreude der Mitarbeiter und an der Themenauswahl erkennbar wird. Jede Nummer der NRH bezieht sich auf ein Schwerpunktthema und bringt daneben noch ein Dutzend Artikel, Essays und Interviews zu anderen Zusammenhängen sowie eine große Zahl von Rezensionen. Die aktuelle Ausgabe der Nouvelle Revue d'Histoire (Nr. 37 / Juli-August) behandelt die "Reconquista", das heißt die christliche Rückeroberung Spaniens im Kampf mit den arabischen Besatzern während des Mittelalters. Man erhält wie immer eine Menge an Informationen - über die Hintergründe der Invasion, die Art der Herrschaftsausübung der Moslems, die Rolle des Reiteradels der "Hidalguia", die Rolle des Cid, den schließlichen Erfolg der Reconquista und damit die Geburtsstunde Spaniens -, aber daneben auch Fakten und Interpretationsansätze, die in den großen etablierten Medien verschwiegen oder nur en passant erwähnt werden: die Ursachen für die romantische Fehldeutung von "al andalus" als tolerantes, multikulturelles, multireligiöses Paradies, die Aspekte, die zu beachten sind, wenn man den - allgemein überschätzten - Einfluß der arabischen Kultur auf Philosophie, Theologie, Medizin und Technik des europäischen Mittelalters diskutiert. Und schließlich macht Venner noch in seiner Einleitung deutlich, um welchen Blickwinkel es geht: Seiner Meinung nach war die Reconquista ein fast unglaublicher, weil so aussichtslos erscheinender Akt des Widerstandes, es gebe in der Geschichte kein vergleichbares Beispiel für die Weigerung, in der Niederlage zu kapitulieren und die Hoffnung aufzugeben. Das Bildmaterial für die Illustrationen ist sorgfältig ausgewählt. Vergleichbares wird man in Deutschland vergeblich suchen. Nouvelle Revue d'Histoire, Le Forum Diffusion 11, Rue du Bastion Saint-François, F-66000 Perpignan. Das Einzelheft kostet 6,50 Euro, das Abonnement in Deutschland für ein Jahr 42 Euro, für zwei Jahre 78 Euro. Internet: www.n-r-h.net |