© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/08 15. August 2008

Zeitschriftenkritik: Gralswelt
Glauben und Wissen
Werner Olles

Die vierteljährlich erscheinende Gralswelt - Zeitschrift für Geisteskultur und ganzheitliche Zusammenhänge - versteht sich laut ihrem Chefredakteur Werner Huemer weder als Wissenschaftsmagazin noch als eine typisch religiöse oder esoterische Zeitschrift. Doch bemühe sie sich darum, "sinnvolle Brücken zu bauen und zu einer weltanschaulichen Gesamtsicht beizutragen, in der sich tiefer, empfindungsgetragener Glaube und nüchtern-sachlicher Forschergeist nicht unvereinbar gegenüberstehen, sondern einander ergänzen". Dem offiziellen Hinweis zur Blattlinie folgend, orientieren sich die Autoren - dem Herausgeberzweck der Zeitschrift entsprechend - "bei Aussagen, die über den allgemeinen Kenntnisstand hinausgehen, an dem Wissen, das Abd-ru-shin in dem Werk 'Im Lichte der Wahrheit - Gralsbotschaft' vermittelte."

Der Autor der "Gralsbotschaft" hieß mit bürgerlichem Namen Oskar Ernst Bernhardt, geboren 1875 im mitteldeutschen Bischofswerda nahe Dresden. Unter dem Pseudonym Abd-ru-shin (Diener des Lichts) versuchte er einen Weg zur geistigen Vervollkommnung zu zeigen und neues, weiterführendes Wissen über Gott und die Schöpfung zu vermitteln. Von der Gestapo als "Religions- oder Sektengründer" mißtrauisch beäugt, starb er 1941 in Kipsdorf im sächsischen Erzgebirge.

In ihrer aktuellen Ausgabe beschäftigt sich die Gralswelt eingehend mit der "Suche nach dem Paradies". Werner Huemer weist in seinem Beitrag darauf hin, daß bereits der große iranische Wegbereiter Zoroaster (Zarathustra) um 1.000 vor Christus von einer Welt der Glückseligkeit kündete, die nach dem Gottesgericht jedem Menschen offenstehe, "der gute Gedanken gehegt, gute Worte gepflegt und gute Taten gesetzt hat". Jüdische, christliche und später auch islamische Gelehrte hätten dies dann zum Inhalt ihrer jeweiligen Prophetien gemacht. Doch lasse diese Sichtweise viele Fragen offen, zum Beispiel ob die ganze Menschheit wirklich für die Sünden ihrer Urahnen Adam und Eva büßen muß und demnach schon von ihrer historischen Anlage erlösungsbedürftig sei.

Diese und ähnliche Aussagen erinnern in gewisser Weise an gnostische Glaubensvorstellungen , wie auch die "Gralssuche" ja als "Pfad der Wahrheitssuche, des bewußteren Lebens, der persönlichen Entfaltung und Vervollkommnung" beschrieben wird. Als wichtige Ansätze gelten dabei "die Macht reiner Gedanken, der Wert der 'inneren Stimme', das Prinzip der Verschönerung und Veredelung sowie das Gebot der Nächstenliebe". So benötige der Mensch "im Grunde gar keine Kirche oder sonstige Glaubensinstitution", da diese "das großartige Wissen und Vorbild, das den Menschen vieler Kulturen von Wegbereitern der Wahrheit geschenkt worden war, in weiterer Folge allzu oft in enge Regelwerke, Verhaltensnormen und Dogmen gepreßt wurde, die jede lebendige Begeisterung vernichteten". Hingegen müsse man sich selbst bewegen, um "geistig vorwärtszukommen", was allerdings "einer gewissen Reife bedürfe".

Anschrift: Stiftung Gralsbotschaft, Schuckertstr. 8, 71254 Ditzingen. Das Einzelheft kostet 6,40 Euro. ein Jahresabo 21,80 Euro. Internet: www.gralswelt.de

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