© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/08 15. August 2008

Meldungen

Illusionäre Polemik gegen "neue Atheisten"

FREIBURG. Als Mittvierzigerin mag man der Theologin Saskia Wendel jugendliche Naivität nicht mehr zubilligen. Wie sonst aber sind ihre Überzeugungen zu erklären, aus denen sich ihre "kleine Polemik gegen Nichtgläubige" speist (Herder-Korrespondenz, 7/08)? Wohl nur aus dem Illusionismus des "herrschaftsfreien Diskurses", dem die Generation "nach Habermas" doch stärker erlegen ist, als zu befürchten war. Gegen den "neuen Atheismus" führt sie das "Toleranzprinzip" ins Feld. "Religiöser Pluralismus" sei nur möglich aufgrund rationaler Rechtfertigung konkurrierender religiöser Überzeugungen. Es entscheide allein die Macht der stärkeren Argumente, nicht die Macht des Stärkeren. Diese Konkurrenz der Religion schließe Beliebigkeit ebenso aus wie "fundamentalistischen Exklusivismus". Der militant-modische Atheismus sei zwar gewaltfrei, verletze aber trotzdem das Toleranzprinzip, da er den Geltungsanspruch der Religionen negiere und keine Neigung zeige, am pluralistischen "Dialog" teilzunehmen. Da sich das Verhältnis der Religionen aber noch nie nach Habermas' Diskursideal richtete, dürfte auch der "neue Atheismus" hiervon unbeeindruckt bleiben.

 

Holocaust-Diarien und ihr Wahrheitsgehalt

BERLIN. Seinen Essay "Über den unterschiedlichen Wahrheitsgehalt von Holocaust-Tagebüchern" (Sinn und Form, 3/08) beginnt Edward Kanterian mit starken "Vorbehalten gegen die Erinnerungen von Überlebenden". Er folgt insoweit der von Raul Hilberg aufgestellten "Zuverlässigkeitshierarchie", auf der amtliche Dokumente ganz oben, Memoiren von "Tätern" und persönliche Zeugnisse der Opfer aber ganz unten rangieren. Kanterian simuliert sogar kurz die Position eines "radikalen Skeptizismus", demzufolge der Wahrheitsgehalt subjektiver Notate gegen Null tendiere und zum "objektiven Wissen über den Holocaust" nichts beitrage. Dann bricht die quellenkritische Reflexion jedoch schnell ab, um sich "auf die Seite der Opfer" zu stellen und in ihren Erfahrungen eine "Offenbarung der moralischen Dimension" zu suchen und sich der "Subjektivität des Schmerzenschreis" hinzugeben. Anstelle der historischen Forschung setzt Kanterian damit konsequent das "moralische Verstehen".

 

Erste Sätze

Ist das Leben eine Geschichte?

Johannes Kunisch: Friedrich der Große. Der König und seine Zeit, München 2004

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