© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/08 22. August 2008

Medien
Nichts gelernt aus Mügeln
Dieter Stein

Eine Kleinstadt in Sachsen feiert ein Stadtfest. Es kommt zu einer Schlägerei mit mehreren Verletzten. Aussagen stehen gegen Aussagen - Alltag in der Provinz. Doch als dies im sächsischen Mügeln am 19. August 2007 geschieht, sind sich nach einer alarmierenden Agenturmeldung fast alle Medien noch vor Aufklärung des Sachverhaltes sofort einig: Eine "Hetzjagd auf Ausländer" habe stattgefunden, ein "Mob" von Deutschen habe Ausländer quer durch die Stadt getrieben. Erinnert sei an die Schlagzeilen: "Hetzjagd von Mügeln" (Süddeutsche Zeitung), "Rasender Mob jagt Inder - Mügeln unter Schock" (Spiegel online), "Inder-Hatz in Mügeln: Bürgermeister schockiert mit Ignoranz" (Netzeitung).

Ressentimentgeladene Journalisten stempelten eine ganze Stadt zum "braunen Sumpf", ohne sich über den realen Sachverhalt Kenntnis verschafft zu haben. Zu sehr paßte die Nachricht ins Muster eines Klischees, das über den vermeintlich "zivilgesellschaftlich" zurückgebliebenen "Osten" Deutschlands verbreitet wird. Es sollte Wochen dauern, bis einige Medien durchsickern ließen, daß es hier - wie bei den meisten Bierzeltschlägereien - schwer werden würde, "Täter" und "Opfer" eindeutig auseinanderzuhalten. Doch da hatte sich die Kampagne längst verselbständigt, und Mügeln war zum Synonym für vermeintlich "latente Ausländerfeindlichkeit" in Deutschland geworden. Und die Lobbyisten der "Kampf gegen Rechts"-Organisationen hatten mittels der Mügeln-Hysterie Ursula von der Leyens Bundesfamilienministerium im Handumdrehen die Zusage für weitere fünf Millionen Euro zugunsten ihrer im Zweifel linksgerichteten Initiativen abgenommen.

Ein Jahr danach nun geben sich deutsche Zeitungen bornierter als chinesische Parteiblätter, die über Tibet berichten. Unreflektiert wärmten die Blätter den Jahrestag der "Hetzjagd" wieder auf. Die Süddeutsche Zeitung erklärt stoisch, der Name der Stadt sei zum Synonym geworden "für latent vorhandene Xenophobie, die sich bei passender Gelegenheit" entlade. Wenn, dann ist Mügeln ein Synonym für skrupellose Berichterstattung der Medien geworden, die sich im Falle vermeintlich "fremdenfeindlicher Gewalt" nicht die Mühe machen, genau hinzusehen, sondern mit Vorverurteilungen arbeiten, weil die Story ins eindimensionale Weltbild paßt.

Der Held des "Falls Mügeln" ist der örtliche Bürgermeister Gottfried Deuse (FDP), der sich dem Medien-Tsunami mannhaft entgegenstemmte und sich vor seine Bürger stellte. Zum Jahrestag des Ereignisses sandten einige Zeitungen Journalisten in den Ort, um sich schnöselig darüber zu mokieren, daß Mügeln "feiert und schweigt", es der Bürgermeister ablehnt, sich noch zum Fall zu äußern. Die Stadt als Opfer verhetzter Medien? Undenkbar. Zeitungen, die sich irren? Nicht, wenn es um den hehren Kampf gegen Rassismus geht. Wo gehobelt wird, fallen eben Späne.

Mügeln darf nicht feiern. Es hat gefälligst Fixpunkt des Selbsthasses deutscher Intellektueller zu sein. Der Jahrestag ist eine verpaßte Gelegenheit zur Selbstkritik der Medien und einer Generalrevision des unsinnigen "Kampfes gegen Rechts".

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