© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/08 05. September 2008

Aufgeschnappt
Andere Länder, andere Sitten
Matthias Bäkermann

Eine Meldung der britischen Zeitung Daily Mail vom 29. August verursachte im Osten Londons gewisse Irritationen. So habe der dortige Stadtratsvorsitzende Lutfur Rahman seine Mitarbeiter in einer E-Post aufgefordert, den Fastenmonat Ramadan nach dem 1. September zu beachten. Um den nichtmoslemischen Ratsmitgliedern jedoch nicht allzuoft die traditionell während der Sitzungen gereichten Sandwiches zum Tee zu verwehren, seien der moslemische Kommunalpolitiker und seine Glaubensbrüder im Rat allerdings übereingekommen, die Sitzungstermine im September zu verringern. Schließlich darf nach islamischem Gesetz zwischen Sonnenauf- und -untergang nicht gegessen und getrunken werden.

Die Mitteilung rief bei den Ratskollegen umgehend Proteste hervor: "Die Liberaldemokraten haben sehr großen Respekt vor religiösen Vorschriften", diese dürften aber grundsätzlich nicht anderen oktroyiert werden, wird Stephanie Eaton im selben Blatt zitiert. Schließlich wurde aus gleichem Grund auch vereinbart, das jährliche "Weihnachtsessen" des Stadtrates als "Festliches Essen" zu deklarieren, damit sich die vielen moslemischen Kommunalpolitiker aus dem Londoner Viertel nicht ausgeschlossen fühlen, wofür der Stadtrat seinerzeit als "über-politisch-korrekt" kritisiert wurde.

Der aus Bangladesch stammende Labour-Politiker Rahman rudert zwischenzeitlich zurück. Er sei mißverstanden worden, denn er wollte in seiner E-Post keine Weisungen geben, sondern nur dafür sorgen, daß die für die Stunden nach Sonnenuntergang vorbereiteten Speisen der moslemischen Kollegen von den anderen nicht aufgegessen würden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen