© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/08 05. September 2008

Meldungen

Dänischer Widerstand: Vorbeugende Morde

FLENSBURG. "Keine Gewalt" ginge als bundesdeutscher Wappenspruch glatt durch. Darum verwundert das ungemein positive publizistische Echo, auf das derzeit ein bekennender Mörder im deutsch-dänischen Grenzgebiet stößt. Anläßlich der Flensburger Uraufführung des den dänischen "Widerstand" gegen die deutsche Besatzung (1940-1945) thematisierenden Spielfilms "Tage des Zorns" ist Gunnar Dyrberg derzeit ein vielgefragter Mann. Der 86jährige bekannte vor den ihn mit Applaus empfangenden Schülern des Deutschen Gymnasiums in Apenrade, als Angehöriger einer Widerstandsgruppe leider nicht genug dänische Landsleute "liquidiert" zu haben (Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 27. August). Die Morde an "Kollaborateuren", verübt 1943/44, seien seine Aufgabe gewesen. Auf das Konto seiner unter dem Namen "Holger Danske" agierenden Bande dürften etwa dreißig Morde gegangen sein. Wobei die Tötungen gar nicht einmal als Strafe für Denunziationen bei der Gestapo, sondern "vorbeugend" erfolgten. Dyrberg räumte lediglich ein, daß die Verläßlichkeit der Informationen über "mögliche Verräter" vielleicht zur Sorge hätte Anlaß geben können, aber andererseits seien bei dieser Form der Selbstjustiz auch viele Anschläge mißlungen. Immerhin blieben 2.000 "Verräter" verschont, die die dänische Justiz nach 1945 in einem halbwegs rechtsstaatlichen Verfahren für ihre Zusammenarbeit mit den Deutschen verurteilte.

 

Lauter Untergänge: 26 dekadente Kulturen

HEIDELBERG. Der britische Geschichtsdenker Arnold Toynbee bilanziert in seiner berühmten "Study of History" (1934-1961), daß von 26 ehemals existenten Kulturen im 20. Jahrhundert schon 16 verschwunden seien, neun dabei wären, sich zu verabschieden, und nur noch eine einzige fortbestehe, die abendländische nämlich. Das Schicksal der versunkenen Kulturen erklärte Toynbee gut darwinistisch mit der Unfähigkeit, auf Herausforderungen "angemessen" zu reagieren. Um Toynbees Thematik wiederaufzunehmen, präsentieren die Germanisch-Romanischen Monatshefte 2008 zwei Hefte über "Fortschritt und Dekadenz". Das schon erschienene Heft 1 bringt Referate des Deutschen Hispanistentages 2007 in Dresden, die sich im engeren Sinn mit historischen Abläufen befassen, während konkrete Erscheinungsformen der Dekadenz und des kulturellen Niedergangs noch 2008 im separaten Aufsatzband veröffentlicht werden sollen. Das vorliegende GRM-Heft befaßt sich mit antiken Geschichtsdeutungen und mit Zerfallsmodellen im Europa der Frühen Neuzeit, darunter eine Studie über "Machiavelli und die Unvereinbarkeit von politischer Freiheit und territorialer Größe" sowie eine Untersuchung über Baltasar Graciàns "Criticón".

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen