© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/08 12. September 2008

Konservative Strategie
Von der Analyse zur Aktion: Das Institut für Staatspolitik stellt auf seiner Sommerakademie die Weichen neu
Baal Müller

Wer die Arbeit des Instituts für Staatspolitik (IfS) in den letzten Monaten verfolgt hat, konnte den Spagat beobachten, der sich aus dem Gegensatz zwischen der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts und den offensiven Protestformen der Konservativ-subversiven Aktion (KSA) ergab, die IfS-Leiter Götz Kubitschek initiiert hat. Der 9. Sommerakademie, die vom 4. bis 7. September im Rittergut Schnellroda, dem Sitz des Instituts, stattfand und dem Thema "Strategie" gewidmet war, kam daher eine besondere Bedeutung zu: Das Medienecho auf die Aktion bei der Präsentation von Günter Grass' neuem Buch "Die Box" (JF berichtete) und die Ankündigung eines Wechsels an der Institutsspitze unterstrich dies. Entsprechend groß war die Zahl der Anmeldungen für die auf 40 Teilnehmer beschränkte Tagung, und mancher Interessent mußte auf eine spätere Veranstaltung vertröstet werden.

Die Vorträge boten eine Mischung aus Theorie und konkreter strategischer Analyse: Erik Lehnert wird Kubitschek als einen der beiden IfS-Leiter ablösen und das Institut nun gemeinsam mit Karlheinz Weißmann führen. In seinem Eingangsvortrag "Wozu politisch handeln?" definierte er Politik mit Carl Schmitt als Kunst, eine Gemeinschaft zu errichten und nach innen wie nach außen zu erhalten, betonte aber, daß das IfS jungen Menschen von einem parteipolitischen Engagement eher abrate, da ein solches heute gewöhnlich zu Korrumpierung führe.

Lehnerts philosophische Betrachtung wurde sodann um eine soziobiologische Perspektive erweitert: Andreas Vonderach widmete sich den "Strategien der Gene" und ging der Frage nach, welchen anthropologischen Determinanten menschliche Gesellschaften unterliegen.  Auf großes Interesse stieß dabei die Frage, inwiefern die moderne Gesellschaft traditionelle Zusammenhänge zwischen Einkommen, Bildungsgrad und Kinderzahl aushebele.

"Die Strategie der JF" behandelte der Chefredakteur der JUNGEN FREIHEIT, Dieter Stein, und nannte als langfristige Ziele die Etablierung von Kampagnenfähigkeit im bürgerlichen Lager sowie einer konservativen öffentlichen Meinung, die von der Politik nicht mehr unberücksichtigt gelassen werden kann. Stein plädierte für das Machbare und erteilte dem ästhetischen Gestus, einen "verlorenen Posten" zu halten, oder Debatten um eine "Kulturrevolution von rechts" eine Absage.

Ähnlich praxisbezogen war der Vortrag von Thorsten Uhrhammer über "Politische PR", mit dem der zweite Tag begann: Der frühere Bundesgeschäftsführer der Schill-Partei skizzierte die Aufgaben von Public Relations und analysierte die PR-Maßnahmen der Bürgerbewegung Pro-Köln - wobei er sich ausdrücklich einer politischen Bewertung enthielt -, der österreichischen Parteien im aktuellen Nationalratswahlkampf sowie der dritten KSA. Ihr attestierte er eine Professionalität, die sich nicht nur in der Zahl der Medienberichte, sondern auch in dem prozentualen Anteil niedergeschlagen habe, der in den einzelnen Artikeln über die Grass-Lesung deren Störung durch die KSA gewidmet war.

Nachdem Clemens Berndt der Frage "Was ist Strategie?" unter militärwissenschaftlichen Gesichtspunkten nachgegangen war und Strategie als ziel­orientiertes Vorgehen nach langfristig angelegtem Plan bestimmt hat, untersuchte der Historiker Karlheinz Weißmann "Verdeckte Strategien" sowohl in theoretischer Hinsicht - etwa am Beispiel der Taqiyya, der Täuschung, die das islamische Recht Muslimen gegenüber "Ungläubigen" zum Schutz und zur Verbreitung des Islam erlaube - als auch in ihren praktischen Auswirkungen in der Politik von Geheimdiensten und Lobbygruppen.

Im abschließenden Vortrag wandte sich Götz Kubitschek schließlich den "Strategien einer Neuen Rechten" zu und beschrieb, wie sich die JUNGE FREIHEIT vom Szeneorgan zum Leitmedium eines konservativ geprägten Milieus entwickelt und sich einen festen Platz in der Presselandschaft erobert habe. Um junge, aktive Menschen zu gewinnen, sei künftig nicht nur die Schulungsarbeit des IfS und die Etablierung neuer Print- und Onlinemedien, sondern auch die Entwicklung dynamischer Aktionsformen wie der KSA nötig, die nun sinnvollerweise vom IfS abgekoppelt werde. Ein Dissens blieb hinsichtlich des Begriffes einer "Neuen Rechten". Während Götz Kubitschek ihn verwendet, bezeichnete Dieter Stein ihn als "unbrauchbar" und als "Hindernis", weil er nur zu Mißverständnissen führe.

Wie aufmerksam die  Aktivitäten des Instituts und der Konservativ-subversiven Aktion in letzter Zeit registriert und kommentiert werden, zeigt übrigens ein ganzseitiges, erstaunlich objektives Porträt in der Süddeutschen Zeitung vom 6. September. Die Überschrift des Beitrags lautete: "Der kalte Blick von rechts".

Foto: Turm in der Schlacht: Entwicklung dynamischer Aktionsformen

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