© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/08 26. September 2008

Fragebogen
Hatice Akyün
Schriftstellerin

Wo möchten Sie am liebsten sein?

In der Türkei bei meiner Familie, die sich gerade auf das Fastenbrechen vorbereitet.

Wofür lassen Sie alles stehen und liegen?

Für die Manti meiner Mutter - türkische Teigtäschchen, die man mit Joghurt und zerlassener Butter ißt.

Was bedeutet Heimat für Sie?

Mit dem Auto die A 42 in Duisburg entlangfahren und dabei die Hochöfen sehen.

Was ist Ihnen wichtig im Leben?

Daß mehr Migrantenkinder eine erfolgreiche Zukunft bekommen. Dafür gehe ich viel an die Schulen und diskutiere mit ihnen.

Was haben Ihnen Ihre Eltern mitgegeben?

Respekt vor Menschen, egal welcher Herkunft sie sind und welche Religion sie leben.

Welches Buch hat Sie nachhaltig beeinflußt?

Die Bände von "Hanni und Nanni", die ich mir als Kind aus dem Bücherbus ausgeliehen habe. Mit ihnen habe ich Deutsch gelernt.

Welche Musik mögen Sie?

Türkische Kinderlieder, die so herrlich ans Herz gehen.

Welches Ereignis ist für die Welt das einschneidendste gewesen?

Für mich persönlich die Entscheidung meines Vaters, vor 40 Jahren sein anatolisches Dorf zu verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.

Was möchten Sie verändern?

Daß mehr Migranten gute Vorbilder werden.

Woran glauben Sie?

An das Gute in den Menschen, obwohl ich zugeben muß, daß es mir immer schwerer fällt.

Welche Werte sollen wir unseren Kindern weitergeben?

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ich denke, wenn man das verinnerlicht, folgen alle weiteren Werte automatisch.

Welche Bedeutung hat der Tod für Sie?

Ich möchte nicht sterben. Deshalb versuche ich, nicht daran zu denken.

Hatice Akyün, 39, ursprünglich zur Justizangestellten ausgebildet, volontierte bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Heute schreibt sie für Spiegel, Tagesspiegel und Emma; veröffentlichte den halb-autobiographischen Roman "Einmal Hans mit scharfer Soße" (2005); im August erschien "Ali zum Dessert".