© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/08 03. Oktober 2008

Aufgeschnappt
Die Ehre muß rein bleiben
Matthias Bäkermann

Im Vorort Grone der beschaulichen Universitätsstadt Göttingen hat das Thema Integration einen sehr wichtigen Stellenwert. Vor allem in Grone-Süd, das sich zu einem "sozialen Problembezirk" mit über 45 Prozent Ausländeranteil entwickelt hat, laufen seit Jahren viele öffentlich finanzierte Förderprogramme für "Ausbildung und Einsatz von Kulturdolmetscherinnen" oder die "interkulturelle Öffnung der 'deutschen' Bildungseinrichtungen" usw. usf.

Auch das Institut für angewandte Kulturforschung (Ifak) kann nach Selbstbeschreibung "auf fundierte Erfahrungen in der Koordination" geförderter Projekte zu "migrationsbezogenen Themen" zurückblicken. Aktuell untersuchten beispielsweise die Ifak-Mitarbeiterinnen Doreen Blume und Bernadette Tusch für das "Sanierungsprogramm Soziale Stadt", warum im Kinderhaus Grone-Süd siebzig Prozent der Besucher muslimische Mädchen sind, diese das Jugendhaus aber offensichtlich meiden. Wie jetzt das Göttinger Tageblatt meldet, konnte die Befragung von 41 Muslima Licht ins Dunkel bringen: Wegen der "Familienehre" sei ihnen der Besuch des Jugendzentrums verboten worden, "damit sie als Jungfrau in die Ehe gehen" können. Einige hätten auch ohne Verbot die "Erwartungen der Familie verinnerlicht und achten selbst auf ihren guten Ruf", referieren die beiden Migrationsforscherinnen brav. Um sowohl Ehre und Ruf zu retten als auch die islamischen Mädchen "für die städtische Jugendarbeit zu erreichen", präsentieren sie eine allerdings wenig gender-gerechte Lösung: In "enger Absprache mit den besorgten Eltern" soll das Jugendzentrum nun einen "geschützten Raum" herrichten.

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