© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/08 10. Oktober 2008

Stille Hilfe für die Verfolgten
Reden ist oftmals nur Silber: Zum fünfzigsten Todestag von Papst Pius XII.
Georg Alois Oblinger

Am 9. Oktober 1958 verstarb Papst Pius XII., mit bürgerlichem Namen Eugenio Pacelli. Er ist in die Geschichte eingegangen als derjenige, der angesichts der Vernichtung der Juden im Dritten Reich geschwiegen habe. Dennoch läuft im Vatikan seit einigen Jahren sein Seligsprechungsprozeß. Seine Rolle wird sehr ambivalent beurteilt, die Meinungen schwanken zwischen schuldhaftem Schweigen über verbale Zurückhaltung bis zu stiller Hilfe. Bis heute sind diese Fragen nach wie vor Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Publikationen.

Noch bei Kriegsausbruch verurteilte Pius XII. das Vorgehen der Deutschen und rief die Kontrahenten auf, Frieden zu schließen. Später traten neben die Friedensappelle auch Verhandlungen mit der deutschen Regierung, um die Leiden der Kriegsgefangenen zu lindern. Die diplomatischen Bemühungen gerieten allerdings ins Stocken, als sich der Papst weigerte, die eroberten Gebiete als zum Deutschen Reich gehörend anzuerkennen, und Hitler demzufolge auch die diplomatischen Beziehungen auf die Grenzen von 1933 beschränkte.

Schon seit dem Frühjahr 1942 gab es im Vatikan Informationen über die Judenvernichtung. Im Oktober 1942 und im Juli 1943 folgten Proteste Roms wegen der Verfolgung der Juden und wegen der Ermordung von psychisch Kranken. In seiner Weihnachtsansprache 1942 gedachte Pius XII. der zahlreichen Menschen, die "ohne eigene Schuld, zum Teil wegen ihrer Nationalität oder Rasse dem schnellen oder langsamen Tod" ausgeliefert seien.

Häufig wirkte der Papst auch im Hintergrund und auf diplomatische Weise. Als am 16. Oktober 1943 in Rom 1.127 Juden verhaftet wurden, die ins Konzentrationslager abtransportiert werden sollten, ließ der Papst den deutschen Botschafter zu sich kommen und konnte einen Stopp der Abtransporte erreichen. Es fanden keine weiteren Verhaftungen in Rom mehr statt. Zudem fanden zahlreiche Juden Unterschlupf in katholischen Klöstern oder Pfarreien, deren Souveränität auch von den Nationalsozialisten nicht angetastet wurde. Nach den Worten des jüdischen Religionswissenschaftlers Pinchas Lapide konnten auf diese Weise etwa 7.000 Juden gerettet werden. Nach Kriegsende wurde Pius XII. von Juden mehrfach ausdrücklich gedankt für sein Wirken. Er selbst sagte bei einer solchen Gelegenheit: "Das einzige, was ich bedauere, ist, daß ich nicht eine größere Zahl von Juden retten konnte."

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