© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/08 17. Oktober 2008

Kolumne
Krisen, Kriminelle, Kassensturz
Rolf Stolz

Die weltweite Finanzkrise ist ein grausames Lehrstück in Sachen gerissener Wirtschaftskriminalität und krimineller Dämlichkeit in den Aufsichtsräten. Aber sie ist mehr als ein betriebs- und volkswirtschaftliches Katastrophenexperiment. Mehrere Dimensionen durchdringen einander: die wirtschaftliche, die außenpolitische, die geistig-moralische.

Wirtschaftlich geht es um die Globalisierung eines Maximalprofit-Kapitalismus, der mit seinen neuen Finanzinstrumenten den Versuch macht, auch noch zukünftige Verluste und Krisen profitabel auszubeuten. Für den einzelnen kann das gewinnbringend sein, aber volkswirtschaftlich ist es desaströs.

Außenpolitisch versuchen die alten Vormächte, ihren schrumpfenden Vorsprung zu verteidigen, indem sie ihre faulen Papiere den Konkurrenten aufhalsen und die Regierungen gutes Geld dem schlechten nachwerfen lassen - "für die Menschen" und nicht etwa für die Banken, wie uns Sancta Angela treuherzig versichert.

All das ist fatal genug, aber verlorenes Geld kann erneut verdient werden, verlorener Einfluß kann zurückerobert werden. Was viel gefährlicher und verheerender ist als die Wirtschaftsmisere und die Machttricksereien der USA, das ist die Verschärfung des moralisch-geistigen Niedergangs Europas, die endgültige Zerstörung des bürgerlichen Mittelstands, der psychologische Terror gegen alle, die befürchten, ins Hartz-IV-Subproletariat abzurutschen.

Wurden einst die Gauner erst reich, dann kultiviert und menschenfreundlich, so wird heute ein kriminelles Handeln von vornherein geradezu zum Vorbild und Erziehungsmodell erklärt. Gewinne zu privatisieren, Verluste zu sozialisieren - das galt schon früher, aber erst jetzt wird es in aller Offenheit und Konsequenz, geradezu programmatisch und ideologisch praktiziert. Gleichzeitig wird unter dem Vorzeichen einer pseudoliberalen, mäßig linken "Reformpolitik" die Demokratie faktisch abgeschafft. Die Kumpanei zwischen der "Antifa" und den rosagrünen Polizeioberen im Kölner Anti-Islamisierungskongreß-Belagerungszustand, der Dauerbeschuß mit Anti-Diskriminierungsprogrammen und Gender-Propaganda, die Aufhetzung gegen alle Abweichler und die epidemische Ausbreitung des Gewaltfetischismus - all das sind die Vorzeichen einer allgemeinen Krise, die schon ein Geschmäckle von 1929 hat.

 

Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt heute als Publizist in Köln.

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