© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/08 17. Oktober 2008

Frisch gepresst

Political Correctness. In der Einleitung des von ihm herausgegebenen Bandes "Political Correctness" (Der sprachpolitische Streit um die nationalsozialistischen Verbrechen. Mit Beiträgen von Tillmann Bendikowski, Thomas Mittmann und Gunnar Sandkühler. Wallstein Verlag, Göttingen 2008, broschiert, 228 Seiten, 29,90 Euro) stößt schon mal sauer auf, daß der Bochumer Neuhistoriker Lucian Hölscher den SPD-Kulturstaatssekretär Hermann Lübbe, einen Mitbegründer der "Ruhr-Universität" in fernen Tagen hochschulpolitischer "Reform"-Euphorie, im nachhinein in ein CDU-Kabinett versetzt. An solchen sachlichen Schnitzern mangelt es in diesem Werk nicht, doch tritt dieses Manko ganz zurück hinter den Salto mortale in "hilflosen Antifaschismus", wie ihn hier vor allem Hölschers "Knechte" Sandkühler und Mittmann zelebrieren. Mittmann, promoviert über den "Judengegner und Antisemitenfeind" Friedrich Nietzsche, wurstelt sich, dezent "Gesicht zeigend", vom "Historikerstreit" zum "Fall Hohmann" durch, um dann mit der fundamentalen Erkenntnis aufzuwarten, es gebe links und rechts "Tendenzen zur Normierung des öffentlichen Sprachgebrauchs". Da halte man sich lieber an den Possenreißer Harald Schmidt, Jahrgang 1957, der in einem der hier angehängten Interviews zuversichtlich meint, bezüglich des Nationalsozialismus werde seine Generation ohnehin die letzte sein, die deswegen PC-Schlachten ausfechte. Nach solchen "Luxusveranstaltungen" stünde nämlich den Gesinnungswächtern die eigentliche Herausforderung bevor, die für Dirty Harry in Holland und Frankreich schon Alltag ist, "wenn es um Religiöses geht". Ob sie dann ähnlichen Eifer wie "gegen Rechts" beweisen, sei durchaus fraglich. Er jedenfalls werde "gegen andere Religionen" für die "Meinungsfreiheit" nicht auf die Barrikaden gehen: "Da bin ich zu feige."

Deutsche Verhältnisse. In der erfolgreichen Kaplaken-Reihe der Edition Antaios erscheinen dieser Tage drei neue Bände. Auf einem davon steht "Widerstand" in Großbuchstaben auf dem Titel. Zwischen den Buchdeckeln in griffigem Reclam-Format steckt ein suggestiver Essay des Nietzsche- und Spengler-Kenners Frank Lisson (Würzburg), der Standortbestimmung und Wegweiser für all die sein will, die sein Leiden an der real existierenden Bundesrepublik teilen; für die, welche "abseits stehen" und sich befreien wollen von "Zwängen und Begriffen aus vierzig Jahren Ideologisierung". Lisson rechnet gut begründet mit den Achtundsechzigern ab, klagt über Konsumgesellschaft und Konformismus, erinnert an die heterogene Debattenkultur vor 1980 und fordert einen "echten Pluralismus". Der Widerstand, den Lisson meint, ist ein kultureller, geistiger, "denn wir glauben, in der Verantwortung eines Erbes zu stehen". Nach viel "Ekel" und "Zorn" über die deutschen Verhältnisse bleibt die Konsequenz - "erwägen, über Formen des zivilen Widerstands nachzudenken" - etwas blaß (Widerstand. Lage - Traum - Tat. Kaplaken Band 11. Edition Antaios, Schnellroda 2008, broschiert, 72 Seiten, 8 Euro).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen