© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/08 24. Oktober 2008

"Studium statt Hochschulpolitik"
Wie politisch sind Studenten heute? Nicht alle, die sich aus der Uni-Politik raushalten, sind politisch desinteressiert
Moritz Schwarz

Herr Franz, obwohl konservativ, hält sich Ihr Dachverband fern von politischen Bestrebungen. Warum?

Franz: Weil der Coburger Convent (CC) mehr auf die Persönlichkeits- und Charakterentwicklung seiner Mitglieder Wert legt. Ich empfehle unseren jungen Aktiven, sich auf ein erfolgreiches Studium zu konzentrieren und die freie Zeit zur Sammlung praktischer Lebenserfahrung zu nutzen.

Damit sind die CCler Teil einer entpolitisierten Generation, wie viele sie kritisieren (siehe Interview oben).

Franz: Sich von der Hochschulpolitik fernzuhalten, heißt nicht unpolitisch zu sein. Wir haben auch nichts dagegen, wenn Mitglieder auf eigene Faust politisch aktiv sind. Als Verband sind wir es aber nicht.

Wie viele bürgerliche und konservative Studentenverbände leidet allerdings auch der CC unter der Dominanz der Linken an vielen Unis.

Franz: Inzwischen hat sich die Atmosphäre vielerorts gewandelt, und in der breiten Studentenschaft ist der "konservative Standpunkt" nicht mehr zwangsläufig negativ belegt. Aber natürlich gibt es immer noch "Problemunis" wie Göttingen, Marburg oder Tübingen. Hatten wir es dort früher "nur" mit nächtlichen "Überraschungen" wie Farbbeuteln, Rauchbomben oder eingeschlagenen Fensterscheiben von Verbindungshäusern zu tun, werden heute auch harmlose öffentliche Veranstaltungen - ob Maiansingen oder Frühschoppen - gestört, Teilnehmer vereinzelt angegriffen. Das ist allerdings weniger den ASten zuzuschreiben.

Es sind doch die linken ASten, die für eine ausgeprägt linke Szene an den Unis sorgen und diese finanziell und materiell unterstützten.

Franz: Sagen wir lieber: ideell. In der Tat  schaffen sie etwa durch dumme Polemik mitunter den Nährboden für gewaltbereite Gruppen. Und wenn verleumderische  Schriften gegen Korporationen mit AStA-Geldern hergestellt werden, die aus Semesterbeiträgen stammen - also die Verbindungen die Hetze gegen sich selbst noch zwangsfinanzieren müssen -, dann wird es doch kurios!

Ist es also nicht Zeit für ein Umdenken, sich doch hochschulpolitisch einzumischen?

Franz: Der Gedankengang ist nicht verkehrt, aber das ist nicht unser Weg. Denn wir erleben, daß man außerhalb der StuPas und ASten - die meist von den Linken dominiert und sehr eingefahren und verbohrt sind -, also in der allgemeinen Studentenschaft, durchaus sehr viel bewegen kann. Die Nachfrage ist unübersehbar.

Dort werden aber keine hochschulpolitischen Entscheidungen getroffen.

Franz: Stimmt, aber wir schaffen Rückzugsräume abseits der Masse und fördern auf diese Wiese Nonkonformismus, Identität und Eigenverantwortung.

Was bedeutet dann Ihre konservative Ausrichtung, wenn Sie der Politik abhold sind?

Franz: Mit seinen 100 Verbindungen und etwa 2.000 Aktiven pflegt der CC die Traditionen der akademischen Landsmannschaften mit ihrem Verständnis von Freundschaft und Freiheit, mit Mensuren, Liedgut und Farben, ihrem Lebensbundprinzip und dem bejahenden Verhältnis zur Nation. Für diesen Entwurf sehen wir heute wieder mehr Interesse und Verständnis unter einer Jugend im Zeichen der "neuen Bürgerlichkeit" als zu Zeiten linker Jugendbewegungen.

 

Gerald Franz: Der Historiker, Jahrgang 1972, ist Sprecher des Studentendachverbandes Coburger Convent ( www.coburger-convent.de )

 

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