© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/08 07. November 2008

Kaum zu finanzieren
Obamas große Ausgabenpläne
Bernd-Thomas Ramb

Die Wahl Barack Obamas wandelt sein "Change we need" zu einem "Need we change": Bedarf, den wir ändern. Deutsche Politiker würden formulieren: mehr ökologische Sozialstaatlichkeit wagen. Der neue US-Präsident will ein staatliches Krankenversicherungssystem errichten, den unteren und mittleren Einkommensbeziehern Steuerrückzahlungen überweisen, Infrastrukturprogramme ankurbeln, erneuerbare Energien fördern - hatte da der politisch korrekte Wähler eine andere Wahl?

Anderer Meinung sind allenfalls die "Reichen". Deren unter Bush eingeführten Steuervorteile sollen beseitigt werden. Erstmals seit 15 Jahren sind Erhöhungen der Steuersätze auf Einkommen und Kapitalertrag vorgesehen. Der als Visionär vermarktete Präsident verwurstet zwischenzeitlich Altmuster sozialistischer Umverteilung: den Reichen nehmen, um es den Armen zugeben. Eventuelle Defizite - schließlich gehen einem Land so die Reichen ganz sicher mit der Zeit aus, während die Zahl der Armen weiter ansteigt - werden über steigende Staatsschulden ausgeglichen. Eine in Europa vielfach erprobte Methode.

Neu an Obamas Vorhaben ist der unverhohlene Angriff auf eine der weltweit letzten Festungen liberaler Wirtschaftspolitik. Gewiß, die Verdammung des schnöden Neoliberalismus (was immer auch darunter mißverstanden sein mag) ist "in" und schick, bislang aber nur in Europa. Nun auch im Mutterland der freien Wirtschaft? Bis jetzt haben sich die USA auch in den schärfsten Krisenzeiten langfristig auf die wirtschaftliche Potenz ihrer freiheitlichen Verfassung verlassen. Selbst Franklin D. Roosevelts New Deal-Programme in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts dauerten nicht ewig. Diese alten Programme aber sind des neuen Präsidenten großes Vorbild.

Das Fatale an Obamas Plänen zur Deliberalisierung der US-Ökonomie ist die offen bekundete Bereitschaft zu höheren Staatsschulden. Selbst in wirtschaftlich guten Zeiten sind die ehrgeizigen Vorhaben kaum zu finanzieren. Die Wirtschaft der USA befindet sich aber in einer tiefen Krise. Schon werden Konjunkturprogramme gestrickt, die zusätzliche Dollar-Milliarden kosten. Die Zunahme der Staatsschulden wird für das 2009 auf 700 Milliarden US-Dollar geschätzt, zirka sieben Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts. Mit solchen diesseits des Atlantik bekannten Größenordnungen gelingt Obama die Europäisierung der US-Finanzpolitik.

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