© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/08-01/09 19./26. Dezember 2008

Frisch gepresst

Leopold Ziegler. Mitunter verliert der Lyriker Timo Kölling ("Gebete aus Stein", 2007) etwas den Faden. Dann schäumt er gegen Armin Mohler und Karlheinz Weißmann, gegen Hans-Dietrich Sander, dessen "Auflösung aller Dinge" (1988) er zu den "diabolischsten Hervorbringungen des Antisemitismus der 'neuen Rechten'" rechnet, überhaupt gegen "das blanke Nichts" der "gesamten Terminologie der Rechten". Wenn er sich zwischendurch wieder emotional einpegelt, versucht er den zentralen Einfluß Leopold Zieglers auf Ernst Jüngers "Arbeiter" und die Technikkritik Friedrich Georg Jüngers herauszuarbeiten. Ziegler (1882-1958) gehörte zu den zahllosen auf "Wiederverheiligung" versessenen Mythophanten nach 1900, die sich ihrer privaten Telefonleitung zum Absoluten gewiß waren. Köllings durchaus plausiblen Argumenten könnte man leichter zustimmen, wenn - abgesehen von nervigen Bezugnahmen auf den überschätzten Schwafelgrafen Walter Benjamin - sein penetrant affirmatives Verhältnis zu einem hochspekulativen Kopf wie Ziegler den postmodern-skeptischen Leser nicht immer wieder vergrätzen würde. Wie sein Meister redet Kölling ernsthaft von "überzeitlicher Wahrheit", die sich jederzeit aktualisieren könne (Leopold Ziegler. Eine Schlüsselfigur im Umkreis des Denkens von Ernst Jünger und Friedrich Georg Jünger, Königshausen&Neumann, Würzburg 2008, broschiert, 171 Seiten, 26 Euro).

 

Hochschulen 1933 bis 1945. Manche Tagungsergebnisse, wenn sie denn endlich publiziert werden, vermitteln den Eindruck, als hätten die Veranstalter den Referenten ein wohltemperiertes Wochenende in schöner Umgebung gönnen wollen. Im Februar 2006 in Königswinter etwa, wo die "Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944" zum Thema "Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand" eingeladen hatte. Das gedruckte, von Joachim Scholtyseck und Christoph Studt herausgegebene Ergebnis (Lit Verlag, Berlin 2008, broschiert, 191 Seiten, 19,90 Euro) vermag diesen Eindruck nicht zu erschüttern. Von "Widerstand" ist wenig die Rede, ein paar Seiten zur Weißen Rose, einige Fundstücke über den studentischen Widerstand an der Universität Freiburg, das war's. Michael Grüttner und Anselm Faust kamen mit Exzerpten aus ihren wohlbekannten Publikationen zu den "Säuberungen" 1933 bzw. zum NS-Studentenbund an den Rhein, der Bonner Ordinarius Klaus Hildebrand wartete mit Gemeinplätzen zu "Universitäten im Dritten Reich" auf, und Ralf Forsbach nahm sich nochmals des Dauerlutschers "Thomas Mann und die Universität Bonn" an. Als originären Forschungsbeitrag kann man in diesem Band nur Frank-Lothar Krolls Porträt seines Lehrers, des Kölner Kunsthistorikers Heinrich Lützeler, ad notam nehmen.

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