© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/09 02. Januar 2009

Korporationsstudentische Periodika: „Burschenschaftliche Blätter“ in neuem Gewand
Konkurrenz hebt das Geschäft
Otto Krenauer

Norbert Weidner hat es geschafft! Nach dem Rücktritt seines Vorgängers fungiert der 36jährige Wirtschaftjurist (FH) für drei Jahre als Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter, des Verbandsorgans der Deutschen Burschenschaft (DB) mit ihren rund 15.000 Mitgliedern. Trotz Abspaltung der Neuen Deutschen Burschenschaft vor zwölf Jahren ist die DB noch immer der größte Verband im kleinen Feld der studentischen Korporationen, die explizit ein politisches Grundverständnis haben.

Einer breiteren Öffentlichkeit schmackhaft machen

Weidner, so ist den „Mitteilungen der Schriftleitung“ der aktuellen Ausgabe (3/2008) zu entnehmen, möchte die Burschenschaftlichen Blätter „vornehmlich neben Berichten aus dem Verbandsleben politisch ausrichten“. Darüber hinaus soll es zusätzlich zur Druck- eine Netzversion geben und zum Jahreswechsel der Internetauftritt „in neuem Gewand erscheinen“ (www.burschenschaftliche-blaetter.de). In welche Richtung es geht, ist der aktuellen Titelseite zu entnehmen: „Eu-ropa nach dem ‘Nein’ der Iren“ vor dem Hintergrund einer Fotomontage „No to Lisbon“.

Alle vier Beiträge zu diesem Thema betrachten den Lissabonner Vertrag mit unverhohlen kritischen Augen. Drei Autoren sind selbst Verbandsangehörige der DB. Vierter im Bunde ist Henry Nitzsche (MdB und ehemaliges Mitglied der CDU), der von einer „Europadiktatur“ berichtet.

Neben dem doch recht eindeutig behandelten Leitthema findet man den üblichen Inhalt einer Studenten-Verbandszeitschrift: ein wenig Verbandshistorisches, Berichte über den Burschentag, das Seminarwesen, Vorstellung der neuen vorsitzenden Burschenschaft, einige Kurzmeldungen, Persönliches und Leserbriefe.

Daran soll in der Druckversion wenig verändert werden, so Weidner. Weitere Schwerpunktartikel, aber vor allem deutlich zahlreichere Veranstaltungsberichte und Personalmeldungen sollen die neue Netzversion füllen.

Anzumerken bleibt, daß das Layout der Blätter modernisiert wurde. Engere Zeilenabstände findet man nur noch im Bereich des Impressum, des Editorials und der Leserbriefe. An anderen Stellen konnten derartige „Bleiwüsten“ verhindert werden, so daß die Zeitschrift zumindest hinsichtlich ihrer Optik und Leserlichkeit in einem frischeren Gewand daherkommt.

Ob damit der große Wurf gelingen wird, die Burschenschaftlichen Blätter einerseits politisch auszurichten und sie sowie die Standpunkte der DB andererseits einer breiteren Öffentlichkeit schmackhaft zu machen, wird sich erst zeigen – noch ist etwas alter Wein in neuen Schläuchen zu finden.

Thematische Vielfalt und Unabhängigkeit

Anders haben sich in den letzten Jahren andere Deutsche Korporationsverbände kontroversen Themen zugewandt. Ein Beispiel dafür ist die Academica, die Zeitschrift des Cartellverbandes der katholischen Deutschen Studentenverbindungen (CV), die sich in einer der jüngsten Ausgaben (2/2008) vielschichtig mit dem vielschichtigen Epochenjahr 1968 auseinandersetzt.

Verbandsangehörige und -fremde, darunter der Politikwissenschaftler Gerd Langguth (CDU), Kai Diekmann (Bild) und Karsten D. Voigt (SPD), Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, beleuchten das janusköpfige Jahr 1968 bis in den CV hinein.

Nun könnte man einwenden, allein aufgrund seiner Größe (32.000 Mitglieder) sei es dem CV ein leichtes, differenziertere Publikationen zu veröffentlichen als die DB. Doch daß nicht nur große Korporationsverbände eine qualitätsvolle Zeitschrift gestalten können, beweist seit einiger Zeit der Verband der Vereine Deutscher Studenten (VVDSt; 3.800 Mitglieder) – ein kleiner Dachverband, der seine Mitglieder zum politischen Denken anhält.

Dessen Akademische Blätter haben sogar die Aufmerksamkeit der Konkurrenz geweckt. Entsprechend wurde im Protokoll des Frühjahrs-Convents der Deutschen Akademikerverbände (CDA) nicht nur das Layout lobend hervorgehoben, „sondern vor allem auch die thematische Vielfalt und die Unabhängigkeit der Themenauswahl, die immer wieder anderweitig nicht erörterte politische Fragen aufgreift und mit großem Geschick die unterschiedlichen Anliegen der Generationen zu Wort kommen läßt“.

Viel Arbeit also noch für Norbert Weidner. Gespannt darf man allemal sein. Die Schwerpunktthemen der ersten Ausgaben 2009, „Globalisierung“ und nachfolgend „60 Jahre Grundgesetz“, sollen „facettenreich“ von „Verbandsbrüdern aus CDU, SPD, FDP und FPÖ“ bewertet werden.

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