© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/09 02. Januar 2009

Blick in die Medien
Stadt, Land, Fluß
Ronald Gläser

Bei den Kölnern spielt es eine große Rolle, auf der „richtigen Seite“ des Rhein zu wohnen. Und New Yorker unterscheiden wir danach, ob sie auf der Insel Manhattan wohnen oder „auf der anderen Seite“. Die Flußseite hat auch in Stettin eine große Bedeutung. Die Stadt liegt zum größeren Teil westlich der Oder, wurde aber 1945 polnische Kriegsbeute. Im Potsdamer Abkommen ist jedoch die Oder-Neiße-Linie festgeschrieben. Demnach liegt Stettin eigentlich auf der deutschen Seite. Das ist deswegen wichtig, weil in Polen ein neues Reprivatierungsgesetz in Kraft tritt. Rückgabe für deutsche Vertriebene ist natürlich ausgeschlossen, aber nur für die Gebiete östlich von Oder und Neiße. Deswegen wiegelt laut dem Informationsdienst Polskaweb die zum Springer-Konzern gehörende polnische Tageszeitung Dziennik ihre Leser auf: „Gibt Tusk den Deutschen Stettin zurück?“ Hilfe kam vom Spiegel (42/08). Er druckte eine Landkarte von der deutsch-polnischen Grenze. Da lag Stettin plötzlich östlich der Oder. Glaube versetzt bekanntlich Berge. Das ist gar nichts. Die sentimentale Willy-Brandt-Verehrung beim Spiegel versetzt sogar ganze Städte!

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