© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/09 06. Februar 2009

Handlung Nebensache
Düstere Romantik: Frank Miller verfilmt "The Spirit"
Claus-M. Wolfschlag

Zu den bedeutenden Comic-Klassikern gehört Will Eisners "The Spirit", eine Serie, die ursprünglich von 1940 bis 1952 als wöchentliche Sonntagsbeilage erschien. Sie beschreibt die Verbrecherjagden eines von den Toten auferstandenen Polizeibeamten, dessen Markenzeichen eine schwarze Augenbinde ist. Gewürzt mit Humor und ironischen Elementen präsentieren die Comic-Folgen den stets mit Hut und Anzug auftretenden Spirit als sympathischen Helden mit Fehlern und Macken.

Nun hat sich Frank Miller des Stoffs angenommen. Der 52jährige US-Amerikaner zählt mittlerweile zu den bekanntesten Comic-Autoren, zudem ist er Drehbuchschreiber und Regisseur. Hatte er sich anfangs an Neubearbeitungen alter Superhelden-Stories wie "Batman" und "Daredevil" versucht, widmete er sich ab den achtziger Jahren zunehmend eigenen Figuren und Geschichten. "Sin City" war Millers erstes Soloprojekt, und 2005 wirkte er auch als Co-Regisseur an der Verfilmung dieser brutalen Kriminalgeschichte mit. 2007 folgte die Verfilmung von Millers Comic-Roman "300" über die Thermopylen-Schlacht während der griechischen Perserkriege. Miller war als Produzent in dieses ungewöhnliche Projekt eingebunden.

"The Spirit" ist nun Millers Erstlingswerk als Solo-Regisseur und Drehbuchautor. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl die Handlung eigentlich nebensächlich ist: Der größenwahnsinnige Octopus (Samuel L. Jackson) hegt den Wunsch nach eigener Unsterblichkeit, versucht sich dazu an diversen Klon-Experimenten und will nebenbei auch die ganze Stadt Central City zerstören. Der ins Leben zurückgekehrte Spirit (Gabriel Macht) versucht ihm das Spiel zu verderben, jagt Octopus durch düstere Kellergewölbe und alte Speicherschuppen. Und währenddessen begegnet ihm ein Reigen schöner Frauen, die er lieben, verführen, bisweilen aber auch unschädlich machen möchte: die treuliebende Ärztin Ellen Dolan (Sarah Paulson), die naive Polizistin Morgenstern (Stana Katic), Octopus' eiskalte Sekretärin Silken Floss (Scarlett Johansson), die geheimnisvolle Fee Lorelei (Jaime King) und nicht zuletzt die rassige und geldgierige Juwelendiebin Sand Saref (Eva Mendes), einst Spirits große Jugendliebe.

Millers mit starken farblichen Kontrasten spielender Stil ist vom Film noir der vierziger Jahre beeinflußt. Schattenspielartige Szenen wechseln mit grotesken hochstilisierten Raumbildern. Action, Phantastik und düstere Romantik gehen eine gelungene Verbindung ein. Selten spielte Handlung im Kino eine so untergeordnete Rolle für den Zuschauer wie bei diesem Film. Und selten wird seinen Augen dafür ein derart fulminantes ästhetisches Erlebnis geboten.

Foto: Spirit (Gabriel Macht) und Sand Saref (Eva Mendes), Octopus (Samuel L. Jackson): Streben nach Unsterblichkeit

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen