© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/09 13. Februar 2009

Mit vereinten Kräften gegen Rom
Papst-Kritik II: Auch jenseits der Union sind sich die Parteien in ihrer Ablehnung der Entscheidung des Vatikans zur Piusbruderschaft einig
Christian Vollradt

Mit ihrer Kritik an der Vorgehensweise des Vatikans im "Fall Williamson" stand die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel vergangene Woche nicht allein.

Für den SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering ist die "Rehabilitierung eines Bischofs, der den Holocaust leugnet", ein "schwerer, historischer Fehler, den die Kirche so schnell wie möglich korrigieren muß". Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagte der Sozialdemokrat außerdem, der Vatikan habe sich mit seinem Vorgehen dem Verdacht ausgesetzt, "Antisemitismus nicht zu bekämpfen". Deswegen seien Zweifel an der Unfehlbarkeit des Papstes angebracht, so Müntefering.

Auch Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen, sparte nicht mit Kritik an Benedikt XVI.: Dessen Schweigen im Fall Williamson sei "entwürdigend für Millionen Holocaust-Opfer und ihre Angehörigen". Ausdrücklich lobte die Grünen-Chefin die Vorgehensweise von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Denn ein aus Deutschland stammender Papst müsse "mitbedenken, welche besonderen Folgen sein Handeln für das Ansehen seines Heimatlandes in der Welt hat", sagte Roth.

"Keine Differenzen mit der Bischofskonferenz"

Für die Linkspartei ist die Rücknahme der Exkommunizierung des Pius-Bruders Williamson ein "weiteres verheerendes Signal aus dem Vatikan". Laut Bodo Ramelow, stellvertretender Parteivorsitzender und religionspolitischer Sprecher der Linksfraktion, reiht sich dies ein "in weitere Entscheidungen Benedikts, die zeigen, daß Dialog und Verständigung nicht seine Sache sind". Zu diesen zählte Ramelow in seiner Pressemitteilung ausdrücklich auch "die Seligsprechung von fast 500 spanischen Geistlichen, die 1936 Franco im Kampf gegen die demokratisch gewählte Regierung unterstützten". Nun habe der Papst erneut die katholische Kirche "ins 'rechte' Licht" gerückt und damit den berechtigten Protest von jüdischer Seite provoziert", kritisierte der Linken-Parlamentarier.

Unterdessen gab der Zentralrat der Juden in Deutschland (ZJD) bekannt, daß seine Präsidentin Charlotte Knob­loch die Einladung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zu einem persönlichen Gespräch annehmen werde. Das Treffen mit Erzbischof Robert Zollitsch solle "in nicht zu ferner Zukunft" stattfinden, so ZJD-Generalsekretär Stephan Kramer am vergangenen Freitag. Ausdrücklich betonte dieser jedoch noch einmal, daß die "Differenzen derzeit mit dem Vatikan bestehen und nicht mit der Deutschen Bischofskonferenz"; insofern bleibe offen, ob der "nationale Dialog" zu einer Klärung in dieser Auseinandersetzung beitrage. Die Aufforderung Papst Benedikts an Williamson, er solle sich von seinen Äußerungen über die Judenvernichtung distanzieren, reichte dem Zentralrat nicht aus. Kramer hatte zuletzt immer wieder gefordert, der Vatikan müsse sich statt dessen vollständig von der gesamten Gemeinschaft der Piusbrüder trennen. Mit einer "Kirche des Traditionalismus", der diese angehörten, könne es von jüdischer Seite keinen Dialog geben, betonte der Generalsekretär.

Erzbischof Zollitsch hatte in seiner Erklärung darauf hingewiesen, daß die Piusbruderschaft "keinerlei rechtliche Anerkennung in der katholischen Kirche" genieße und ihre Bischöfe trotz der Aufhebung ihrer Exkommunikation kein rechtmäßiges Amt ausübten. Zollitsch lobte die Klarstellung seitens des Vatikans, wonach "für Leugner des Holocaust kein Platz in der katholischen Kirche ist". Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), ein Zusammenschluß katholischer Laien, bezeichnete die Pius-Brüder mit ihrer "tief reaktionären und freiheitsfeindlichen Haltung" als "eine schwere Belastung für die Kirche". Auch von evangelischer Seite ist die "Rehabilitierung der Bruderschaft" mit Sorge "um die Zukunft der Ökumene" aufgenommen worden, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber. Auch sein Amtsbruder Friedrich Weber, Braunschweiger Landesbischof und Catholica-Beauftragter der deutschen Lutheraner, sprach in diesem Zusammenhang von einer Belastung im Verhältnis zu den nicht-römischen Kirchen und einer "Anfechtung für den christlich-jüdischen Dialog".

Unterdessen machte der CDU-nahe Bonner Politikwissenschaftler Gerd Languth einem Bericht der Deutschen Welle zufolge den Vorschlag, die Piusbruderschaft zukünftig vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, da diese einen "katholischen Gottesstaat" anstrebe und dadurch die freiheitliche demokratische Grundordnung in Frage stelle.

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