© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/09 20. Februar 2009

Franz Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg kämpft gegen den Vertrag von Lissabon
Im Widerstand
Christian Vollradt

Die Europäische Union ist undemokratisch", da sie "Obrigkeiten zu Überherren der Volksvertretungen macht", das schreibt der ehemalige Unions-Politiker Franz-Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg seinen Parteikollegen ins Stammbuch. Seinem vor knapp einem Jahr geäußerten Verdikt läßt der Jurist und Sohn des Widerstandskämpfers Claus Schenk Graf von Stauffenberg jetzt Taten folgen und unterstützt die Klage Peter Gauweilers in Karlsruhe gegen die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages (JF berichtete).

Als Anti-Europäer sieht sich Graf Stauffenberg dabei mitnichten. Im Gegenteil: Von 1984 bis 1992 saß er als CSU-Abgeordneter im Europäischen Parlament. Aber dort war er zeitweise Vorsitzender des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte. Genau diese sieht er jetzt im Europa der Ministerialbeamten und Kommissare in Gefahr, in dem etwa die Stimme eines deutschen Wählers weniger zähle als die eines Luxemburgers und niemand mehr wisse, "wer in Auftrag (des Wählers) in Brüssel oder Straßburg entscheidet".

Geboren 1938 als dritter Sohn des damals in Bamberg stationierten Kavallerie-Offiziers Claus von Stauffenberg, wurde Franz-Ludwig nach dem Scheitern der Erhebung vom 20. Juli 1944 und der Hinrichtung des Vaters als Sippenhäftling gemeinsam mit den Geschwistern unter falschem Namen in ein Kinderheim in Bad Sachsa im Harz verschleppt. Nach dem Krieg studierte er Jura und Geschichte, engagierte sich früh in der Jungen Union, deren stellvertretender Bundesvorsitzender er 1969 wurde. Drei Jahre später zog er für die Christsozialen in den Bundestag, dem er zwölf Jahre angehörte. Daß er für alle Zeit mit dem berühmten Namen Stauffenberg verbunden ist, bezeichnet er als "ein persönliches Erbe, das nicht teilbar und kaum mitteilbar ist"; die Versuchung sei groß, sich dadurch entweder zum "Gralshüter" aufzuschwingen oder der eigenen Herkunft zu entfliehen.

Aller sonstigen Zurückhaltung zum Trotz protestierte Stauffenberg 1994 öffentlich gegen das Konzept der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand, welche den Kampf des 20. Juli auf eine Stufe mit dem sowjetisch gesteuerter Exilkommunisten stellte: Im Gedenken an die Opfer für Freiheit, Recht und Ehre dürfe es jedoch "keine Kumpanei mit Lumpen" geben.

In die Politik gegangen ist er "nicht aus andächtiger Verehrung" des Vaters, so betont der Graf jüngst in einem Interview mit dem Focus, "sondern wegen der Irrwege meiner Altersgenossen von 1968". Nicht zuletzt derentwegen würden in der heutigen Gesellschaft Verfassung und Recht durch Political Correctness ersetzt, kritisierte er.

Im Eid der Erhebung um Claus von Stauffenberg findet sich die Forderung, eine "Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht", zu schaffen; dem (juristischen) Kampf des Sohnes gegen einen demokratisch nicht ausreichend legitimierten Überstaat "Europa" liegt also offenbar ein väterlicher Auftrag zugrunde.

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