© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/09 13. März 2009

Frisch gepresst

Darwins Welt. Wie bereits das Johannes-Evangelium postuliert, ist im Anfang immer das Wort. Dies gilt gerade für die erbittert geführte Debatte um Intelligent Design und Kreationismus. Glaubt letzterer doch, die Entstehung von Gottes Schöpfung aus einer wörtlichen Interpretation der Heiligen Schrift ablesen zu können. Damit offenbart der kreationistische Ansatz einen blinden Glauben an die Schrift. Die Väter der Christenheit dagegen hätten der Schrift geglaubt und „dem lebendigen Gott und ihrem Herrn Jesus Christus“ die Treue gehalten – nicht einem „papierenen Papst“, so Hansjörg Hemminger. Der habilitierte Biologe und Psychologe, Weltanschauungsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Württemberg, hat nichts geringeres unternommen, als das mit religiösem Eifer überwucherte Diskussions-Dickicht zu lichten. Bildhaft wird die Brücke, die Hemminger hierfür baut, schon in der Gestaltung des Buchtitels mit Michelangelos „Erschaffung der Welt“ über den Ablauf der Menschwerdung vom affenartigen Vormenschen bis zum Homo sapiens. Der mit naturwissenschaftlichem Sachverstand geschriebene Band stellt kritisch und differenziert die Konzepte gegeneinander und kritisiert nicht zuletzt den „neuen Atheismus“ eines Richard Dawkins. Wer künftig in der Schöpfungsdebatte mitreden will, dürfte an Hemminger nicht vorbeikommen (Und Gott schuf Darwins Welt. Der Streit um Kreationismus, Evolution und Intelligentes Design. Brunnen Verlag, Gießen 2009, broschiert, 14,95 Euro).

 

Gottlos in Europa. Das moderne Babylon lehnt sich nicht mehr gegen Gott auf, sondern lebt ohne ihn, so beobachtet es der katholische Religionspädagoge und emeritierte Katechetik-Professor Alfred Läpple. Die Frage, wohin Europa steuert, ist dabei eher rhetorisch zu verstehen. Läpple bereitet seine Leser auf eine Zukunft vor, in der die Kirche eine Minderheit darstellen wird. Die Gläubigen müßten sich eben „auf bescheidenere Weise einrichten,“ zitiert Läpple Papst Benedikt, dessen Lehrer er am Freisinger Priesterseminar einst gewesen ist. Läpples Essayband ist ein Parforceritt durch die Kultur- und Kirchengeschichte vom 18. bis ins 21. Jahrhundert, nicht streng wissenschaftlich, sondern eher erbaulich, bisweilen auch mahnend formuliert und mit vielen lyrischen Zitaten angereichert. In seinem theologischen, mit autobiographischen Exkursen ergänzten Nachdenken über die Geschichte wagt sich der 1915 geborene Autor durchaus auf vermintes Gelände: „Was später unter Hitler in Deutschland geschah, war Nachahmung, nicht Original,“ heißt es etwa im Abschnitt über den Sowjetführer Lenin (Der Verlust des Glaubens. Wohin steuert Europa? Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009, broschiert, 197 Seiten, 16,90 Euro).

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