© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/09 20. März 2009

WIRTSCHAFT
Protest gegen Ausbeutung
Jens Jessen

Auf die Ärzteproteste gegen Gesundheitsfonds und Honorar-Chaos hat die Politik mit Schuldzuweisungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung geantwortet. Dabei ist die ständige Einmischung der Politik schuld an der Misere. Die Honorarmechanik wurde detailliert in Paragraph 87b des Sozialgesetzbuches (SGB V) durch den Bundestag geregelt. Die Ärzte erhalten danach pro Quartal und Patient ein Basishonorar, das Regelleistungsvolumen (RLV). Für jede Arztgruppe gibt es ein anderes RLV. So wird ein Hautarzt im ersten Quartal 2009 mit höchstens 17,13 Euro je behandelten Patienten abgefunden, ein Hausarzt mit 40,34 Euro. Das RLV ist, grob gesagt, eine „flatrate“ für die dreimonatige Behandlung eines Patienten. Am Beispiel des Hautarztes läßt sich das darstellen. Beim RLV spielt es keine Rolle, wie viele Leistungen der Hautarzt in dieser Zeitspanne erbringt.

Schon eine Eingangsuntersuchung und -beratung eines 30jährigen ergibt eine einmalige Grundpauschale im Quartal von 13,82 Euro nach dem Abrechnungsverzeichnis der Ärzte, dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Wird der Patient wegen allergischer Reaktionen auf die Ursache des Symptoms mit einem Pricktest diagnostiziert und bei erfolgter Dingfestmachung der Ursache einer Hyposensibilisierung in zirka zehn Sitzungen unterzogen, entstehen grundsätzlich Honorarforderungen des Arztes für den Pricktest nach dem EBM in Höhe von 45,32 Euro und für die Hyposensibilisierung pro Sitzung von 9,27 Euro. Die diagnostische und therapeutische Tätigkeit des Arztes wird aber nicht mit 138,02 Euro honoriert, sondern mit den verbliebenen 3,31 Euro des RLV abgegolten. Gute Leistung wird auf diese Weise nicht gerecht honoriert. Das ist der verständliche Kern des Ärzteprotestes.

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