© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/09 27. März 2009

Ohne Schneid und Charakter
„Fall Rohbohm“: Der SPD-Politiker Mathias Brodkorb wirft der CDU-Bundestagsabgeordneten Martina Krogmann Opportunismus vor
Marcus Schmidt

Im Streit um den CDU-Lokalpolitiker  und JF-Redakteur Hinrich Robohm (JF 11/09) hat der Schweriner Landtagsabgeordnete Mathias Brodkorb (SPD) in einem offenen Brief die CDU-Bundestagsabgeordnete Martina Krogmann (siehe auch das Porträt auf Seite 3) scharf angegriffen und ihr vorgeworfen, sich auf Kosten Rohbohms zu profilieren.

Krogmann hatte Rohbohm, der CDU-Vorsitzender im niedersächsischen Jork ist, vorgeworfen, er habe in Artikeln für die JUNGE FREIHEIT die Grenzen zwischen konservativen und rechtsextremistischen Positionen verwischt. Rohbohm war daraufhin als Fraktionschef seiner Partei abgewählt worden. Nachdem er es abgelehnt hatte, von seinem Amt als CDU-Parteichef in Jork zurückzutreten, haben in der vergangenen Woche sechs Mitglieder den Parteivorstand verlassen.

Brodkorb schreibt vor diesem Hintergrund in seinem Brief, er habe alle Artikel Rohbohms gelesen. „Und dort findet sich nichts, aber auch rein gar nichts, was den von Ihnen geäußerten Vorwurf erhärten könnte.“ Er bezweifle, daß Krogmann ebenfalls alle Artikel gelesen habe. „Keine Frage: Zahlreiche der von Rohbohm verantworteten Artikel atmen einen konservativen Geist, der rechts von der Merkel-Union steht, aber angesichts des ‘inhaltsleere(n) Niemandsland(es)’ (Rohbohm), das Frau Merkel so virtuos verkörpert, ist das ja nun wahrlich keine Leistung mehr.“

Und weil die CDU in den Beiträgen Rohbohms ebenfalls nichts finden könne, was so anstößig sei, daß dies einen Rücktritt Rohbohms rechtfertigen könnte, stürze man sich auf seinen Hinweis, daß Angela Merkel einst FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda gewesen sei. „Ja, tut denn die Wahrheit schon so weh?“ fragt Brodkorb.

Er erinnerte an den Fall des CDU-Politikers Peter Krause, der nach heftigen Angriffen wegen seiner zeitweiligen Tätigkeit als Redakteur der JF auf das Amt des Kultusministers von Thüringen verzichten mußte. „Rufen Sie Herrn Krause doch einmal an und fragen ihn, wie es sich anfühlt, wenn auf das Auto der eigenen Frau ein Anschlag verübt wird, weil andere Leute von einem behaupten, man verwische die Grenze hin zu ‘unerträglichem braunen Gedankengut’“, fordert Brodkorb Krogmann auf. „Ich warte wirklich darauf, wann in der Union mal wieder einer oder eine in führender Position den Charakter und den Schneid hat, sich bei an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen vor die eigenen Mitglieder zu stellen und den Angreifern vor laufender Kamera trotzig und widerborstig zu widerstehen“, schreibt er und begründet sein Eintreten für Rohbohm mit einem vitalen Interesse am Selbsterhalt. „Denn, seien wir einmal ehrlich, unter den Strukturmechanismen, unter denen heute Rohbohm und Krause leiden, litten noch vor einigen Jahrzehnten Linke –
z. B. unter Axel Springer und Co. Seinerzeit reichten lange Haare, um als Bolschewist oder RAF-Terrorist zu gelten. Es könnte also auch alles wieder anders kommen.“

Das Besondere an dem Verhalten Krogmanns sei, „daß nicht der politische Gegner jemanden zu Boden wirft und hernach auf den Gefallenen tritt (das war noch im Fall Krause so), sondern Sie dies selbst besorgen“. Die CDU-Politikerin bediene damit willfährig und offenbar aus eigenen Karriereinteressen Strukturmechanismen der medialen Öffentlichkeit, die letztlich alle treffen können.

„Vielleicht haben Sie ja beim nächsten Mal den Mut, wenigstens Ihre eigenen Leute gegen absurde Vorwürfe zu verteidigen – vom politischen Gegner wage ich ja gar nicht zu träumen, das wäre wohl zuviel verlangt. Aber wenn Sie diesen Mut nicht aufbringen können, dann seien Sie in Zukunft doch nicht auch noch so feige, auf die eigenen Leute einzutreten, die vom Gegner bereits zu Boden geworfen wurden“, schließt Brodkorb.

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