© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/09 27. März 2009

Frisch gepresst

Königsberg. Der Titel des jüngsten Buches von Klaus Garber ist sehr wörtlich zu nehmen: „Das alte Königsberg“ (Erinnerungsbuch einer untergegangenen Stadt. Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2008, gebunden, 342 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro). Denn in dieser Sammlung seiner Aufsätze endet die Stadtgeschichte im frühen 19. Jahrhundert. Was etwa in den Fotobänden Paula Steiners oder Agnes Miegels um 1930 also das „neue“ Königsberg war und heute im Vergleich mit „Kaliningrad“ im Gedächtnis der „Erlebnisgeneration“ wiederum als die „alte“ Pregelstadt fortlebt, kommt bei dem emeritierten Osnabrücker Fachmann für frühneuzeitliche Literaturgeschichte daher kaum am Rande vor. Leider fehlen auch die eingangs versprochenen Fotos aus den frühen 1940er Jahren, als angeblich „die Verbrecher bereits wußten, daß die Königin des Nordostens ihr kriegerisches Tun sowenig wie andere Städte überleben würde, und deshalb veranlaßten, die herrliche Stadt flächendeckend fotografisch zu dokumentieren“. Der Abbildungsteil bietet darum nur hinlänglich Bekanntes. Der umfangreichste Aufsatz ist dem Leib- und Magenthema des Fährtensuchers Garber gewidmet: den in alle Welt verstreuten Königsberger Archiven, Bibliotheken und Museen als Stätten der Erinnerung. Alle – mitunter nicht durchweg eingängig abgefaßten – Beiträge werden durch ein diffuses erinnerungspolitisches Credo zusammengehalten, dem zufolge es der „erneuten Vergegenwärtigung einer 750jährigen Geschichte und Kultur“ in „allen verfügbaren Medien“ bedürfe, um einen „Prozeß inneren Reifens“ auszulösen sowie zur „Verständigung mit den russischen Menschen auf dem einstmals deutschen Boden“ zu gelangen.

 

Jüdische Verbindungen. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts waren jüdische Studenten selbstverständliche Mitglieder in den Korporationen. Das änderte sich ab 1880, nicht zuletzt durch Propagandisten wie den Hofprediger Adolf Stöcker und ihren Kampf gegen „jüdische Einflüsse“ an „deutschen“ Universitäten. Praktisch als Reaktion gründete sich zeitgleich auch der Kartell-Convent der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens, dessen Geschichte und Mitgliedsbünde Kurt U. Bertrams in seinem Werk porträtiert (Der Kartell-Convent und seine Verbindungen. WJK-Verlag, Hilden 2008, gebunden, 266 Seiten, 29,90 Euro). In ihrem Kampf zwischen Antisemitismus und der gleichzeitig erstarkenden zionistischen Bewegung, die für eine Auswanderung nach Palästina agitierte, rieben sich die in der Tendenz kaisertreuen und deutschnationen Verbindungen praktisch auf. In der Weimarer Republik stellte der Kartell-Verband nur noch eine Randexistenz des Korporationslebens dar, nach 1933 wurde ihm als erstes der Garaus bereitet.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen