© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/09 27. März 2009

Meldungen

Mit Warschauer Brille: Gedenkorte Nordpolens

SEELZE. Der Ausgang der Causa Steinbach konnte niemanden überraschen, der mit der inneren Verfassung der CDU wie mit dem bundesdeutschen Polen-Bild vertraut ist. Wie letzteres ausschaut, vermittelt einmal mehr das jüngste Heft des Leitorgans unserer Geschichtslehrer (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 2/09), zu dem Bernd Mütter, Lehrbeauftragter in Gießen und „History“-Schlußredakteur beim ZDF,  einen Aufsatz beisteuert über „Erinnerungsorte in Nordpolen heute: Danzig – Marienburg – Tannenberg – Wolfschanze“. In blamabler Unkenntnis der preußisch-deutschen Geschichte dieser Region kann Mütter der polnischen Gedenkpolitik nur hilflos beipflichten: etwa dem Wiederaufbau der Danziger Altstadt, der angeblich historisch korrekt die „multinationale“ – tatsächlich: polonisierte – Geschichte an der Mottlau repräsentiere, an der seit 1919 aus Mütters verquerer Sicht „die Lebensfähigkeit und Souveränität des ganzen polnischen Staates hing“. Folglich bringt er den chauvinistischen Gedenkorten „Polnische Post“, wo 1939 die „mühsam erstrittenen polnischen Rechte in Danzig verteidigt“ worden seien, und Westerplatte größtes Verständnis entgegen. Mit der polnischen „Erinnerungsgestaltung“ ist er allein in „Grunwald/Tannenberg“ unzufrieden. Dort werde der Besucher immer noch einem scharf antideutschen „Kreuzritter“-Film ausgesetzt, die Erklärungen im Museum erfolgten „ausschließlich auf polnisch“: „Europäisierung und Globalisierung haben die Gestaltung der Grunwald-Erinnerung vor Ort augenscheinlich noch nicht erreicht.“

 

Marxens Humanismus und der Völkermord

MÜNCHEN. Mit zwei „klare Kante“ weisenden Rezensionen Felix Dirschs zur Rohrmoser-Festschrift und einem Essay-Band Eckart Jesses schließt das letzte Heft der Zeitschrift für Politik (4/2008), das sich ferner mit einem ausgezeichneten „Literaturbericht zur vergleichenden Völkermordforschung Teil I“ („Armenozid – Genozid, Gruppen-, Kollektiv- und Völkermord“) von Richard Albrecht empfiehlt. Julian Nida-Rümelin widmet sich der Frage, ob Karl Marx „Ethischer Humanist oder Politischer Anti-Humanist“ gewesen sei. Kanzler Schröders Kulturstaatsminister gelangt dabei zu dem Befund, daß ursprünglich ethische Impulse leider bei der politischen Transformierung auf der Strecke geblieben seien. Paul-Ludwig Weinacht analysiert im Beitrag über „Eroberungskrieg und Propaganda der Verteidigung“, wie die „mediale Begleitpraxis“ auf die völkerrechtliche Einschränkung des souveränen Kriegsführungsrechts im „Verbot des Angriffskriegs“ reagierte: nämlich mit der Selbststilisierung eines „Verteidigers gegen Aggression und Eroberung“ und eines „Beschützers vor der Verletzung von Menschenrechten“.

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