© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/09 10. April 2009

Frisch gepresst

Königsberg. Gibt es ihn, den Fluch der bösen Tat? Blickt man auf die Geschichte der deutschen Ostprovinzen seit 1945, ist die Antwort kaum zweifelhaft. Welche jahrzehntelange Trostlosigkeit sich ausgerechnet in der Stadt Immanuel Kants vollzieht, die heute immer noch nach dem Spießgesellen eines Massenmörders, Kalinin, heißt, schildert Per Brodersen in seiner Geschichte Königsbergs nach der Eroberung der angeblichen „Höhle des faschistischen Tiers“ durch die Rote Armee. Brodersen glaubt sich eingangs gegen die Landsmannschaften profilieren zu müssen, halluziniert von „territorialen Ansprüchen immer noch gern allzu ernst genommener Kreise“, will Königsberg hinter „Kaliningrad“ verschwinden lassen und beeilt sich, das Schicksal der erst 1948 ausgewiesenen deutschen Bewohner Königsbergs zu verniedlichen. Ansonsten gibt er, gestützt auf russische Archive, eine gründliche, 1970 endende, in ihren Ausführungen zur „Symbol- und Identitätspolitik“ indes arg weitschweifige Darstellung des auch in dieser Filiale am Pregel mißlungenen Versuchs, das Sowjetparadies zu realisieren (Die Stadt im Westen. Wie Königsberg Kaliningrad wurde. Verlag Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2008, gebunden, 367 Seiten, Abbildungen, 39,90 Euro).

 

Danzig. Die Baugeschichte des deutschen Danzig ist ausgezeichnet erforscht. Es genügt, an die Namen Albert Carsten, Otto Kloeppel, Erich Volmar, Erich Keyser zu erinnern. Zuletzt hat Birte Pusback 2006 die Danziger Denkmalpflege zwischen 1933 und 1939 umfassend beackert (JF 27/07). Und nun gesellt sich zu ihnen aus der Tiefe des Raums Otto Rollenhagen. Dessen Beitrag zur Architektur der Danziger Profanbauten erschöpft sich freilich in einer Dissertation, die 1913 an der TH Danzig eingereicht wurde, ohne daß das Promotionsverfahren zum Abschluß kam. Rollenhagen, 1886 bei Bromberg geboren, Regierungsbaumeister, starb als „Ostflüchtling“ 1951 in Goslar. Das einzige, was er 1945 gerettet hatte, war das Manuskript seiner Doktorarbeit „Untersuchung und Beschreibung der Danziger Bürgerhäuser mit besonderer Darstellung der Bauten aus der Zeit der Gotik bis zur Spätrenaissance“ samt wertvollen Illustrationen. Vor allem um dieses Bildmaterials willen dürfte sich das Herder-Institut entschlossen haben, die Arbeit einem deutsch-polnischen Herausgeberquartett anzuvertrauen. Entstanden ist ein Augenschmaus, opulent-atlasformatig, mit teilweisen farbigen Grund- und Aufrißzeichnungen sowie vielen zwischen 1870 und 1910 entstandenen Fotografien aus Danzigs Altstadt. Und das alles zu einem für geborene wie gelernte Danziger verführerisch günstigen Preis (Herder-Institut/Muzeum Historyczne Miasta Gdanska, Marburg/Danzig 2008, gebunden, 368 Seiten, Abbildungen, 29,50 Euro).

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