© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/09 17. April 2009

Meldungen

Nordelbiens Musikfest: Weltoffener Provinzlärm

KIEL. Zuletzt war das „Schleswig-Holstein Musik Festival“, das seit 1996 allsommerlich ein Land ins Zentrum seiner Veranstaltungen stellte, bei musikalischen Supermächten wie den Niederlanden oder Ungarn angelangt. In diesem Jahr hingegen will der Gastgeber sein Licht nicht weiter unter den Scheffel stellen. Das Motto „Heimspiel. Deutschland entdecken“ soll tatsächlich das Publikum für die Musiknation der Bach, Mozart, Beethoven, Wagner, Bruckner begeistern. Aber wir wären nicht in der heutigen Bundesrepublik, wenn Festivalintendant Rolf Beck nicht vorab klarstellen dürfte: „Deutsche Musik ist europäische Musikgeschichte – experimentierfreudig und weltoffen.“ Da Deutschland also europäisch tönt und „weltoffen“ keinen Kontinent ausschließt, müssen wir uns freuen auf Veranstaltungen wie „From Contemporary Music to Afro-Cuban Jazz“, „Sinti Swing neu interpretiert“, „Don’t Wanna Dance“, „Homage to Benny Goodman“, „Musik aus Theresienstadt“ – und dazu auf allerlei kakophone „Moderne“ von Kurt Weill bis Karl Heinz Stockhausen. Richard Wagner hingegen überläßt man gern Bayreuth, und auch der Linzer Organist Gottes, Anton Bruckner, muß draußen bleiben, um politisch unkorrektes „Großdeutsches“ zu meiden. Selbst der Hamburger Brahms macht sich rar, aber mit Beethoven wird am 11. Juli in Lübeck immerhin eröffnet. Trotzdem schlägt die bundesdeutsche Obsession, partout „weltoffen“ sein zu wollen, mindestens partiell um in „Provinzlärm“ (Wilhelm Lehmann).    

 

Wilhelm-Lehmann-Preis: 10.000 Euro für Lyrik

ECKERNFÖRDE. Der noch jungen Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft ist es tatsächlich gelungen, ihren Namenspatron, den Eckernförder Gymnasiallehrer, den bis zu seinem Tod 1968 weit bekannten und hoch geehrten Lyriker, Romancier und Essayisten, wieder „ins Gespräch“ zu bringen: nicht zuletzt dank prominent besetzter Jahrestagungen und einer im Göttinger Wallstein Verlag plazierten Schriftenreihe. Da trifft es sich gut, wenn in diesem Jahr bei Klett Cotta endlich der letzte von acht Bänden der Werkausgabe erscheint – ein Abschluß nach einem Vierteljahrhundert. Aber besser spät als nie, und da man immer alles perfektionieren kann, hat sich der Vorstand entschlossen, einen Wilhelm-Lehmann-Lyrikpreis der Stadt Eckernförde zu stiften und mit einem stolzen Preisgeld von 10.000 Euro zu dotieren. Ob die Stifter damit wirklich in die Liga der „renommiertesten Lyrikpreise in Deutschland“ aufrücken, hängt nicht zuletzt vom Gespür der Juroren ab, zu denen die Germanisten Heinrich Detering (Göttingen) und Uwe Pörksen (Freiburg) sowie der Schauspieler Hanns Zischler zählen. Am 31. Oktober 2009 soll die erste Preisverleihung stattfinden.

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